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Selbstständigkeit

Elternzeit - Wie du als Selbstständiger Elternzeit bekommst

Zuletzt aktualisiert am 9. Aug. 2023

Annemarie Cornus

Freelance Editor

22. März 2019

Familie und Beruf zu vereinbaren ist gar nicht so einfach. Gerade in der heutigen Arbeitswelt, in der Flexibilität und Zuverlässigkeit bei den Firmen an erster Stelle stehen, ist es eine echte Herausforderung, für Kind und Job gleichermaßen da zu sein.

Um werdenden Eltern die Möglichkeit zu geben, ihren Nachwuchs in den ersten Lebensjahren aufziehen und für ihn da sein zu können, hat der Staat den Anspruch auf Elternzeit in Paragraph 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) geregelt. Unter dem Begriff Elternzeit ist ein fest definierter Zeitraum nach Geburt des Kindes festgelegt, in dem die Eltern ein Recht auf eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit haben. Die Idee dahinter: Die Eltern können in den ersten Monaten nach der Geburt für ihren Nachwuchs da sein und nach der Elternzeit direkt wieder in ihren alten Job starten.

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Elterngeld als finanzielle Absicherung während der Elternzeit

Die Elternzeit garantiert Arbeitnehmern zwar die Freistellung von der Arbeit. Jedoch ist diese Freistellung unbezahlt. Das bedeutet gerade für frischgebackene Familien eine enorme finanzielle Belastung, die jedoch durch das Elterngeld und das ElterngeldPlus abgefedert wird.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Elterngeld, das sich an der Höhe des monatlichen Nettoeinkommens des betreuenden Elternteils orientiert. Das sind üblicherweise 65 Prozent. Bei Geringverdienern sind es dagegen bis zu 100 Prozent des vorigen Einkommens.

Wie viel Elterngeld bekommen Selbstständige?

Wer in einer Festanstellung ist, hat also das Recht auf Elternzeit und Elterngeld. Doch wie sieht es mit Selbstständigen aus? Tatsächlich haben auch Selbstständige Anspruch auf Elterngeld , das sich – wie auch bei Festangestellten – an dem vorigen Einkommen orientiert.

Genau wie bei Arbeitnehmern, bekommen Selbstständige bis zu 14 Monate 65 Prozent ihres Nettogehalts, sofern sie mindestens 1240 Euro monatlichen Gewinn gemacht haben. Verzeichnest du weniger als 1240 Euro Gewinn pro Monat, bekommst du 66 Prozent. Bei 1000 Euro Durchschnittsverdienst sind es sogar 67 Prozent.

Liegst du mit deinen monatlichen Gewinnen unter 1000 Euro, erhältst du einen Geringverdienerbonus. Pro 20 Euro, die du unter 1000 Euro Gewinn liegst, bekommst du ein Prozent mehr Elterngeld.

Übrigens: Das Elterngeld liegt bei mindestens 300 und bei maximal 1800 Euro pro Monat.

Wie lange kann ich Elterngeld beziehen?

Das sogenannte Basiselterngeld bekommt man für 14 Monate – allerdings nur, wenn beide Elternteile Elternzeit nehmen. Denn pro Elternteil kann maximal eine Bezugsdauer von zwölf Monaten beantragt werden. So kann beispielsweise ein Elternteil zwölf Monate Elterngeld beziehen. Der andere Elternteil kann anschließend die Erziehung für zwei weitere Monate übernehmen und ebenfalls in diesem Zeitraum Elterngeld erhalten. Das ist natürlich nur ein Beispiel. Wie sich die Eltern die Monate gegenseitig aufteilen, ist ihnen überlassen.

Wie kann ich Elterngeld beantragen?

Wenn du selbstständig bist, musst du keine Elternzeit beantragen. Schließlich bist du dein eigener Chef und musst mit dir selbst ausmachen, wann du wie lange arbeiten möchtest. Auch wenn der Nachwuchs da ist.

Was du dagegen beantragen musst – und auch unbedingt solltest – ist das Elterngeld. Schließlich hast du auch als Selbstständiger Anspruch auf diese Form der finanziellen Unterstützung durch Vater Staat.

Zunächst besorgst du dir das entsprechende Antragsformular bei dem für dich zuständigen Amt. Dies steht in der Regel online zur Verfügung. Hier findest du etwa das Formular für den Antrag auf Elterngeld der Stadt Hamburg.

Zusätzlich zum ausgefüllten Formular benötigst du noch…

  • die Geburtsbescheinigung deines Kindes
  • deinen Personalausweis
  • deinen Steuerbescheid des Kalenderjahres vor der Geburt oder vor der Haushaltsaufnahme des Kindes
  • deine Gewinn- und Verlustrechnung oder Einnahme-/Überschussrechnung für das letzte Wirtschaftsjahr vor Geburt des Kindes
  • eine Prognose, wie viel du während des Bezugs des Elterngelds arbeiten und verdienen wirst (wird im Antragsformular angegeben)

Der letzte Punkt ist besonders wichtig. Denn das Amt wird nach Ende des Elterngeldbezugs einen Nachweis über deine tatsächlichen Einnahmen einfordern. Fallen diese höher aus, als zuvor angegeben, musst du das zu viel gezahlte Elterngeld zurückerstatten. Oder aber, deine Einnahmen fallen niedriger aus als gedacht. In diesem Fall erhältst du eine Nachzahlung.

Wo kann ich den Antrag stellen?

Den ausgefüllten Antrag mitsamt den zuvor genannten Nachweisen reichst du bei deiner für dich zuständigen Elterngeldstelle ein. Diese sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Berlin ist die Elterngeldstelle des Jugendamts deines Wohnbezirks deine Anlaufstelle. In Hamburg schickst du den Antrag an deine zuständige Dienststelle, die du hier ermitteln kannst.

Eine Übersicht zu den Formularen und Anlaufstellen für dein Bundesland findest du bei familien-wegweiser.de.

Wer kann mir beim Antrag helfen?

Wer selbstständig ist und Elterngeld beantragt, muss sich durch den Dschungel der Bürokratie kämpfen und sollte keine Fehler beim Ausfüllen seines Antrags machen. Aber keine Panik: Wer sich unsicher ist, kann sich Hilfe bei einem externen Dienstleister suchen. Etwa beim eigenen Steuerberater. Das hat gleich zwei Vorteile: Erstens muss man sich nicht selbst um den Antrag kümmern. Zweitens hat der Steuerberater im Normalfall deine Gewinne und Verluste aus dem letzten Wirtschaftsjahr vorliegen. Alternativ gibt es auch zahlreiche Rechtsanwälte, die sich auf das Thema Elterngeld spezialisiert haben.

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Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen?

Grundsätzlich bekommt jeder Selbstständige Elterngeld, der vor der Geburt des Kindes erwerbstätig war. Wer sich um den Nachwuchs kümmert und deshalb kein (oder weniger) Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit generiert, hat Anspruch auf Kindergeld. Doch auch Elternteile wie Studierende, die vor der Geburt des Kindes kein Einkommen hatten, haben Anspruch auf den Mindestsatz in Höhe von 300 Euro.

Wenn du selbstständig bist und ein Kind erwartest, solltest du dich so früh wie möglich mit dem Thema Elterngeld auseinandersetzen. Zum einen, um das Beste für dich und deinen Nachwuchs rauszuholen. Zum anderen, damit du die bürokratischen Hürden, die der Antrag auf Elterngeld mit sich bringt, rechtzeitig meisterst.

Wie wird mein Elterngeld als Selbstständiger berechnet?

Wie du bereits im Abschnitt „Wie viel Elterngeld bekommen Selbstständige?“ dieses Beitrags erfahren hast, bekommen Selbstständige in der Regel 65 Prozent ihres monatlichen Gewinns als Elterngeld. Doch anders als bei Angestellten, zählt bei Selbstständigen als zugrundeliegender Verdienstzeitraum zur Berechnung des Elterngelds der zuletzt abgeschlossene Veranlagungszeitraum. Das heißt, dass bei Selbstständigen das letzte Wirtschaftsjahr zur Berechnung des Elterngeld-Anspruchs herangezogen wird und nicht, wie bei Angestellten, die Netto-Einnahmen aus den letzten zwölf Monaten vor Geburt des Kindes.

Tipp: So optimierst du dein Elterngeld

Da sich die Höhe deines Elterngelds an deinem letzten Wirtschaftsjahr orientiert, zahlt es sich für dich im wahrsten Sinne des Wortes aus, wenn du möglichst viel Gewinn in dieser Zeit gemacht hast. Du solltest also alles daransetzen, deine Gewinne im Berechnungszeitraum in die Höhe zu treiben. Zum Beispiel, indem du Rechnungen, die du erst mit dem Ende des letzten Wirtschaftsjahres verschickt hättest, sofort raus sendest und deine Kunden um schnelle Überweisung bittest. Denn bei der Berechnung deines Elterngeldes zählen nur die Einnahmen, die im vergangenen Wirtschaftsjahr auch wirklich auf deinem Konto eingegangen sind.

Was, wenn ich kein komplettes Wirtschaftsjahr vor der Geburt selbstständig war?

Zur Berechnung des Elterngelds wird bei Selbstständigen das letzte Wirtschaftsjahr herangezogen. Aber was ist, wenn man das Wirtschaftsjahr vor der Geburt seines Nachwuchses nicht komplett selbstständig, sondern zum Teil noch festangestellt war?

In diesem Fall verhält es sich wie bei Festangestellten: Zur Berechnung des Elterngelds werden die Gewinne der letzten 12 Monate vor Geburt des Kindes herangezogen.

Was bedeutet Elternzeit für meine selbständige Tätigkeit?

Wenn du selbstständig bist, willst du bestimmt auch nach der Geburt deines Kindes nicht die Füße stillhalten und weiterarbeiten dürfen. Nicht unbedingt – oder ausschließlich – weil du ein Workaholic bist. Vielmehr besteht die Gefahr, dass einige Monate Arbeitspause für dich den Verlust einiger deiner Kunden bedeuten.

Wieviel darf ich während der Elternzeit arbeiten?

Die gute Nachricht: Auch wenn du Elterngeld beziehst, darfst du in der Elternzeit selbstständig arbeiten. Allerdings ist deine Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche begrenzt und deine erzielten Gewinne reduzieren dein Elterngeld. Denn: Du bekommst 65 Prozent (oder mehr, siehe „Wie viel Elterngeld bekommen Selbstständige?“) des Differenzbetrags des monatlichen Durchschnittseinkommens aus dem letzten Wirtschaftsjahr und den aktuellen Einnahmen während Bezug des Elterngelds.

Du fragst dich jetzt bestimmt, wie du nachweisen sollst, dass du wirklich nur 30 Stunden pro Woche arbeitest. Da du keine Bescheinigung von deinem Arbeitgeber erhalten kannst – du arbeitest schließlich selbstständig – musst du in deinem eigenen Namen bekunden, dass du maximal 30 Stunden pro Woche arbeitest. Am einfachsten geht das, in dem du eine Auflistung deiner bisherigen Arbeitszeit anfertigst und anschließend schriftlich erklärst, wie du die Reduzierung der Arbeitszeit auf 30 Stunden bewerkstelligst. Das geht etwa durch die Einstellung einer Aushilfskraft oder die Reduzierung deiner Projekte. Diese Erklärung reichst du dann bei deinem zuständigen Amt ein.

Was ist, wenn meine Prognose zu meinen Einkünften nicht stimmt?

Wenn du planst, während des Bezugs des Elterngelds zu arbeiten, musst du eine Prognose zu deinen wahrscheinlich erzielten Einkünften für diese Zeit angeben. Nur so kann das Amt berechnen, wie viel Elterngeld dir zusteht. Da du aber nicht wissen kannst, ob du wirklich die vollen 30 Stunden pro Woche arbeiten und welche Aufträge du erhalten wirst, musst du deine voraussichtlichen Gewinne abschätzen.

Erzielst du wirklich mehr Gewinn als angegeben, ist das kein Problem – solange du es deinem Amt rechtzeitig mitteilst. Und das solltest du dringend tun. Denn fliegst du bei einer Stichprobe auf, kommt ein hohes Bußgeld auf dich zu. Verdienst du dagegen weniger als gedacht, solltest du auch das dem Amt unverzüglich mitteilen. Dann bekommst du nämlich mehr Elterngeld.

Übrigens: Solltest du nur wenige Monate während des Elterngeldbezugs mehr verdienen als angegeben, wird dir auch nur für diese Monate das Elterngeld gekürzt bzw. bei besonders hohen Einnahmen komplett gestrichen. Die restlichen Monate, in denen du das Verdienst, was du auch beim Amt angegeben hast, erhältst du dein Geld ohne Abzüge.