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MAIN - Blog Selbständigkeit - "Haftung als Selbstständiger - Warum du nichts dem Zufall überlassen solltest"

Zuletzt aktualisiert am 5. Juli 2023

Gastautor

22. März 2019

Arbeitest du seit Jahren als Freelancer und bisher hast du weder Fehler gemacht noch irgendwelche schwerwiegende Probleme verursacht? Das ist gut, doch ruhe dich nicht auf deinem bisherigen Erfolg als Selbstständiger aus.

Selten macht man sich als Selbstständiger Gedanken um seine Haftung. Eigentlich ironisch, schließlich wissen Privatpersonen nur zu gut, wie schnell eine Klage ins Haus flattert. Ein typisches Beispiel: Du hast diesen Winter vergessen, den Bürgersteig zu reinigen. Ein Passant ist auf dem Eis vor deinem Haus ausgerutscht und hat sich ein Bein gebrochen; nun verklagt er dich auf Schadenersatz. Eine private Haftpflichtversicherung übernimmt die Kosten für solche Fälle. Was geschieht aber, wenn du als Datenbankbetreiber einen Fehler machst und der Onlineshop deines Kunden drei Stunden lang nicht erreichbar ist? Wer zahlt für die fehlenden Bestellungen in Höhe von 50.000 Euro? Musst du als Selbstständiger für solche Schäden haften? Diese und viele weitere Fragen klären wir im Anschluss.

Wie du als Einzelunternehmer haftest

Einfach selbstständig machen, Kundenakquise betreiben, an Projekten arbeiten und Geld verdienen – so stellen sich viele Freelancer ihr unbeschwertes Leben ohne Vorgesetzte vor. Was viele nicht wissen: Als Selbstständiger muss man sich auch um Chefsachen kümmern. Dazu gehört die Etablierung verschiedener Sicherheitsmaßnahmen, die dich vor einem finanziellen Ruin schützen. Sei dir zunächst darüber bewusst, dass du als Einzelunternehmer mit deinem gesamten privaten Vermögen haftest. Zugegeben, diese Gründungsform hat auch viele Vorteile:

  • du bist der einzige Unternehmer und triffst alle Entscheidungen
  • das gesamte Betriebsvermögen steht dir zur Verfügung
  • du brauchst kein Mindestkapital
  • die Gründung ist kostengünstig

Die Haftung als Einzelunternehmer stellt bei der Kreditvergabe auch eine gute Handlungsbasis dar. In allen anderen Fällen ist sie aber ein Nachteil. Betriebliche Schulden musst du mit deinem privaten Vermögen abdecken. Ist das nicht möglich, bist du sowohl geschäftlich als auch privat ruiniert. Eine Firmengründung kann dein Privatvermögen schützen, dazu aber später mehr.

Befasse dich mit Risikomanagement

Damit du als Selbstständiger wegen einer Haftung zum Beispiel nicht in existenzbedrohende Probleme gerätst, solltest du dich bereits vor der Gründung aktiv mit Risikomanagement befassen.

Wie wir wissen, verläuft in unserem Leben nicht immer alles nach Plan. Doch auch in problematischen Situationen gibt es einen Ausweg, wenn man sich zuvor Gedanken gemacht hat.

Bei Risikomanagement geht es darum, Gefahren kontinuierlich zu beurteilen und passende Handlungen einzuleiten, um diese zu verhindern oder mit ihnen umzugehen. Innerhalb der Unternehmensstrategie liegt das Risikomanagement unterhalb des Corporate-Risk-Managements. Letzteres beurteilt alle unternehmerischen Risiken, das operative Risikomanagement konzentriert sich hingegen auf einzelne Risiken.

In kleinen und mittelständischen Unternehmen verläuft der Risikomanagementprozess wie folgt¹:

  1. Zunächst werden Risiken identifiziert und bewertet
  2. Im Anschluss müssen die Ursachen gefunden und beurteilt werden
  3. Es werden Maßnahmen ermittelt und ihre Wirksamkeit eingeschätzt
  4. Abschließend folgt die Umsetzung

Als Freelancer musst du den gesamten Prozess selber durchführen, da du keine Mitarbeiter und Kollegen hast, die einzelne Etappen übernehmen können. Konzentriere dich deshalb zunächst auf dein größtes Risiko: Einen Fehler, der bei einem Kunden große Schäden verursacht, für die du als Selbstständiger haften sollst.

Stelle dir folgende Fragen:

  • Hast du genügend Rücklagen gebildet, um diese aus eigener Tasche zu bezahlen?
  • Liegt die Haftung überhaupt bei dir?
  • Wie löse ich das Problem, ohne die Beziehung zu meinen Kunden zu schädigen?

Die Streitschlichtung ist ein aufwendiger Prozess, der Zeit, Geld und Nerven kostet. 3 Dinge, die dir selten zur Verfügung stehen. Du musst schließlich an Projekten arbeiten, die deine Existenz sichern.

3 klassische Beispiele, für die du als Selbstständiger haftest

Um dir das Problem der Haftung als Selbstständiger zu verdeutlichen, nachfolgend einige Beispiele aus der Praxis:

  1. Datenschutzrichtlinien missachtet : Ein relativ aktuelles Thema, das immer wieder Schlagzeilen macht, ist das Thema Datenschutz. In der Europäischen Union gibt es gewisse Regeln, an die sich jeder halten muss. Als Administrator beispielsweise musst du sicherstellen, dass die Einstellungen des Servers mit den Angaben der Datenschutzrichtlinien übereinstimmen. Ein häufiger Fehler: es wird Analytics-Software ohne Opt-out-Möglichkeit für den Website-Besucher betrieben. Dieser sollte die Möglichkeit haben, dem Tracking zu widersprechen. Bei einem fahrlässigen Verstoß kommt es zu Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro (§ 43 Abs. 1 BDSG); in schweren Fällen sind es gar 300.000 Euro (§ 43 Abs. 2 BDSG). Die Haftung als Selbstständiger kann dir hier ganz schön das Genick brechen.
  2. Copyright missachtet : Ebenfalls ein klassisches Beispiel ist die Missachtung des Copyrights bei Bildern. In Zeiten der CC0-Lizenz, die Bilder komplett kostenlos zur Verfügung stellen soll, ist große Vorsicht geboten. Wer als Texter einen Artikel mit solchen Bildern seinem Kunden überliefert, muss darauf achten, dass die Grafiken kein Copyright verletzen. Große Websites wie unsplash.com versuchen, ausschließlich von den Urhebern hochgeladen Fotos zu akzeptieren. Dennoch kann es vorkommen, dass ein Bild gestohlen und ohne die Einwilligung des Urhebers verbreitet wurde. Erhält dein Kunde eine Abmahnung, wirst du als Selbstständiger für das Vergehen haften. Die Abmahngebühren können mehrere hundert oder tausend Euro je Foto betragen.
  3. Markenrechte verletzt : Affiliate-Marketer machen häufig den Fehler, den Namen einer Marke in der Domain ihrer Nischenwebsite zu verwenden. Ob iphonekaufen.de oder mercedesgebraucht.com – solche Domains sind äußerst problematisch. Die Besitzer der Marken gehen gegen solche Websites aktiv vor, da sie den Eindruck haben, dass die Bekanntheit ihrer Brand ausgenutzt wird. Ein konkretes Beispiel: Das OLG Düsseldorf entschied im Jahr 2006 ( Az. I-20 U 241/05 ), dass die Adresse peugeot-tuning.de nicht erlaubt sei, weil sie die Marke des französischen Automobilherstellers geschäftlich ausnutzen würde.

Die drei genannten Beispiele stammen aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen, in denen unzählige Freelancer tätig sind. Alle haben sie eines gemeinsam: Es handelt sich um Vermögensschäden. In keinem Fall kam es zu einem Sach- oder Personenschaden. Die Selbstständigen haben hingegen mit ihrem Verhalten einen Dritten geschädigt und müssen dafür haften.

Warum dich ein Werk- oder Dienstleistungsvertrag nicht unbedingt schützt

Nun möchten mit Sicherheit viele Freelancer argumentieren, dass sie für solche Situationen einen Dienstleistungs- oder Werkvertrag unterschrieben haben. Dieser ist aber in den seltensten Fällen eine wahre Hilfe.

Aus Sicht der Haftung sind reine Dienstleistungsverträge zu bevorzugen, da sie eine Nacherfüllung ausschließen. Dennoch fällt die Haftung nicht aus, unabhängig davon, ob du

  • als IT-Fachmann deinen Kunden für ein Projekt falsch behandelt hast,
  • dir als Programmierer ein Fehler im Code unterlaufen ist,
  • bei der Serverwartung das Back-up vergessen hast und deshalb Daten verloren gegangen sind oder
  • als Content-Creator vereinbarte Deadlines verpasst hast und dadurch ein Projekt nicht fristgerecht veröffentlicht werden konnte.

Übrigens: Wenn du mit einem Kunden einen Dienst- oder Werkvertrag abschließt, solltest du dich in keinem Fall dazu entscheiden, Vertragsstrafen bei Missachtung der Inhalte zu vereinbaren. Selbst, wenn es zu keinem Schaden kommen sollte, kann die Strafe fällig werden; außerdem wird eine Berufshaftpflichtversicherung diese Kosten nicht übernehmen².

Haftpflichtversicherung vs. Betriebshaftpflichtversicherung

In der Praxis hat sich gezeigt, dass du selten darum herum kommst, einen Dienst- oder Werkvertrag abzuschließen. Insbesondere IT-Fachkräfte, die an teuren Projekten arbeiten, haben selten eine Wahl; alle Arbeitgeber wollen abgesichert sein. Wie aber schützt du dich als Freelancer?

Abseits des Tipps, keine Vertragsstrafen zu akzeptieren, solltest du dich mit Haftpflichtversicherungen für deinen Beruf befassen. Inzwischen bieten immer mehr Versicherungsdienstleister spezielle Policen für IT-Experten, Journalisten und andere Freiberufler an, die auf ihre beruflichen Bedürfnisse abgestimmt sind.

Bei den Versicherungen unterscheidet man zwischen folgenden Kategorien:

  • Berufshaftpflichtversicherung : Dieser Oberbegriff für die Haftpflichtversicherungen sichert dich gegen berufliche Risiken ab. Da es sich nicht um einen definierten Begriff handelt, kann der Leistungsumfang von Anbieter zu Anbieter sehr verschieden sein.
  • Betriebshaftpflichtversicherung : Diese Versicherungsart sichert im Regelfall sowohl gegen Sach- als auch Personenschäden ab, welche durch deine berufliche Tätigkeit entstehen.

Konkrete zwei Beispiele, um diese zugegeben schwer zu unterscheidenden Angebote klarer voneinander zu differenzieren:

  1. Ein Programmierer wurde damit beauftragt, einen Onlineshop für einen Blogger aufzusetzen. Ziel war es, passend zum ersten Geburtstag des Blogs den Shop zu launchen, um ein neues eBook zu verkaufen; über den Newsletter wurden bereits unzählige Vorbestellungen aufgegeben und bezahlt. Da dem Programmierer ein Fehler unterlaufen ist, wurde der Launch verpasst und zahlreiche Neukunden verärgert. Der entstandene Sachschaden in Höhe von 2.500 Euro wurde von der Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt.
  2. Eine Marketingagentur zieht in ein neues Büro. Im Rahmen des Umzugs beschädigt ein Mitarbeiter des Unternehmens ein Rohr und löst dadurch einen Wasserschaden aus, der die darunter liegenden Büroräume beschädigt. Für diese Kosten zahlt die Betriebshaftpflichtversicherung.

Hinweis: Eine Betriebshaftpflichtversicherung ist im Regelfall optional erhältlich oder kann in eine Berufshaftpflichtversicherung integriert werden. Auf Letztere solltest du in keinem Fall verzichten. Und: Achte unbedingt auf eine ausreichend hohe Versicherungssumme. Experten empfehlen zumindest 250.000 Euro³.

Alternative Haftungsbeschränkung: Eine Firma gründen

Wenn dir weder Dienst- und Werkverträge noch Versicherungen genügend Sicherheit bieten, gibt es eine Alternative: Du gründest eine Firma.

Es gibt durchaus einen Nachteil, den du dabei nicht vernachlässigen darfst: Wenn du eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Unternehmergesellschaft (UG) gründest, fällt eine Körperschaftssteuer an; außerdem kompliziert sich deine Welt durch die Bilanzerstellung.

Worin unterscheiden sich die beiden Formen?

  • GmbH : Diese Kapitalgesellschaft besitzt, genauso wie die UG, eine eigene Rechtspersönlichkeit; es handelt sich ergo um eine juristische Person. Ihre Haftung ist folglich auf das Vermögen der Gesellschaft limitiert. Im Vergleich zur Unternehmergesellschaft hat die GmbH ein vergleichsweise hohes Stammkapital (25.000 Euro), sodass diese Form der Unternehmensgründung für viele Freelancer nicht attraktiv ist.
  • UG : Die Gründung einer Unternehmergesellschaft ist ab einem Euro möglich. Dabei sei gesagt, dass die UG mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen haftet, wenn dieses vorhanden ist. Außerdem ist es ratsam, das Stammkapital dem Bedarf des Unternehmens anzupassen.

Bis auf die Unterschiede beim Stammkapital gleichen sich die beiden Formen. Allerdings ist die UG verpflichtet, jährlich ein Viertel des Jahresüberschusses (minus Verlustvortrag) in Rücklagen zu investieren. Sobald diese die Mindestgrenze von 25.000 Euro erreicht, kann die UG in eine GmbH verwandelt werden⁴.

Mit der Eintragung der UG oder GmbH profitierst du trotz der genannten Hürden und Nachteile von einer Haftungsbeschränkung. Dein persönliches Vermögen ist somit geschützt.

Zusammenfassung

Dieser Artikel soll dir gezeigt haben, dass du das Thema Haftung als Selbstständiger sehr ernst nehmen solltest. Sichere dich mit unseren gezeigten Vorschlägen ab, sei es mit Verträgen, Versicherungen oder einer Unternehmensgründung. Letztere ist besonders effektiv, wenn du sie mit einer Betriebshaftpflichtversicherung kombinierst.

Autor: Deian Isac

¹: http://www.bwl-online.com/600KapitelOrdner/630KapitelOrdner/Risikomanagement%20fur%20KMU.pdf

²: https://www.rgblog.de/vertragsstrafen-in-projektvertragen/

³: https://www.twago.de/blog/haftung-freelancer-haftpflichtversicherung/

⁴: https://www.gesetze-im-internet.de/gmbhg/__5a.html