Selbst bei den sogenannten einkommensgerechten Beiträgen kommen so stattliche Summen zusammen, denn 18,6 Prozent vom Gewinn sind viel Geld. Ausgehend davon, dass du vom Gewinn ja auch privat leben musst und eventuell Rücklagen bildest oder Kapitalanlagen aufbaust, verringert sich durch diesen Abschlag deine Sparquote erheblich. Immerhin: Die Vorsorgeaufwände sind steuerlich absetzbar. Dafür wird freilich auch die ausgezahlte Rente besteuert.
Bei einem Jahresgewinn von 15.000 Euro bist du schließlich schon mit 2790 Euro (also 232,50 Euro monatlich) dabei. Gerade bei kleineren Einkommen machen diese Beiträge sehr, sehr viel aus.
Der andere Fall ist die Rürup-Rente, die bei der Berichterstattung über den Gesetzesentwurf zur Rentenversicherungspflicht für Selbstständige oftmals als „Opt-Out“ bezeichnet wird. Hier zahlst du flexibel Beiträge in ein Versicherungsprodukt ein. 90 Prozent der eingezahlten Beiträge (92 in 2021, 94 in 2022, 100 ab 2025) sind steuerlich absetzbar; im Jahr 2020 maximal 22.541 Euro.
Die Rürup-Rente ist ein Modell für Vorsorgende, die nicht in Riester einzahlen oder anderweitig privat vorsorgen. Die Beiträge werden verwaltet, angelegt und schließlich erhältst du lebenslang nach Rentenantritt eine zusätzliche Rentenleistung. Für Näheres kannst du den oben verlinkten Artikel lesen.
Die Rürup-Rente hat also den Vorteil, dass die Beiträge flexibel sind und zudem als Vorsorgeaufwand steuerlich geltend gemacht werden können. Hieraus ergibt sich allerdings, dass vor allem Besserverdiener doppelt profitieren: Sie können die Maximalbeträge einzahlen und das auch noch steuerlich geltend machen. Je nach zu versteuerndem Einkommen bedeutet dies nicht unerheblich Einsparungen.
Bei Geringverdienern und kleinen Selbstständigen taucht wieder die Problematik auf, dass jeder Beitrag schmerzt. Dank der Flexibilität bei den Beitragszahlungen (du kannst sie dir fast ganz aussuchen), fällt das aber weniger ins Gewicht. Der steuerliche Vorteil ist aber dann nicht mehr gegeben, wenn deine Rürup-Beiträge die Menge deines zu versteuernden Einkommens übersteigen.
Rürup-Renten-Anbieter sind zudem alle unterschiedlich, so dass du sie vergleichen musst. Empfehlenswert sind diese, die geringe Verwaltungskosten haben und möglichst viel mit Aktienfonds arbeiten. Eine hohe Quote in Staatsanleihen und anderen Schuldverschreibungen ist in Nullzinsphasen einfach nicht sinnvoll. Zudem sollte der Anbieter transparente Bedingungen haben. Was beispielsweise im vorzeitigen Todesfall mit dem Geld passiert, sollte leicht zu verstehen und zu beeinflussen sein.
Die Versorgungswerke werden an dieser Stelle ausgeklammert: Zum einen gelten sie nur für bestimmte Berufe, wie Ärzte und Anwälte. Und zum anderen haben sie keine komplett einheitlichen Beiträge und die Rentenleistungen werden unterschiedlich stark durch Kapitalanlagen finanziert. Ansprüche an Beiträge und Leistungen sind bei den entsprechenden Versorgungswerken zu erfahren.
Das Problem bei Einzahlungen in die staatliche Rente oder die Rürup-Rente ist vor allem dann gegeben, wenn die Beiträge so gering sind (kleine Einkommen), dass der Rentenanspruch unterhalb der Grundsicherung liegt. Dann wird aufgestockt, was eigentlich nur heißt, dass du umsonst eingezahlt hast. Grundsicherung kriegt nämlich auch, wer gar keinen nennenswerten Rentenanspruch hat.
Da hilft auch die Grundrente nichts, denn die kriegt nur, wer 35 Jahre lang eingezahlt hat. Im Falle einer plötzlichen Versicherungspflicht für Selbstständige werden so genügend zusammenkommen, die keine 35 Jahre mehr einzahlen werden, weil sie schlichtweg an die 40 Jahre alt sind.
Eine Rentenversicherungspflicht für Freelancer würde also zweitens bedeuten: Selbständige mit geringem Einkommen verlieren mehr finanziellen Handlungsspielraum als Gutverdiener.
Wenn du übrigens im Falle dessen, dass du freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlst (oder in Zukunft musst), wissen möchtest, wie viel du abführen musst – Kontist arbeitet gerade an einem Tool.
Wie eine Rentenversicherungspflicht zum Existenzrisiko werden kann
Die meisten Selbstständigen sorgen fürs Alter vor. Dass dies mal mehr und mal weniger gut gelingt, liegt auf der Hand. Schließlich sind Einkommen schwankend und die persönliche Sparquote ist von der Lebensführung abhängig. Dennoch ist festzuhalten, dass eben vorgesorgt wird, wie es passt. Statistisch gesehen ist es zwar so , dass in etwa doppelt so viele Selbstständige im Alter Grundsicherung beziehen wie ehemalige Angestellte – 2016 waren das 3,7 Prozent.
Das ist nicht schön, aber in Ordnung. Selbstständigkeit bedeutet auch höhere Risiken. Und ob diese Menschen nicht vorgesorgt haben oder einfach nie viel hatten, ist nicht geklärt. Es ist zumindest nicht so, dass viele Selbstständige nicht vorsorgen, sondern offensichtlich nur ein kleiner Anteil – aus welchen Gründen auch immer.
Eine Einzahlungspflicht in Rentenversicherungssysteme würde allerdings bedeuten, einen großen Teil dieser Freiheit bei der Gestaltung der Altersvorsorge zunichtezumachen. Sie führt dazu, dass monatlich fixe Kosten entstehen. Nun magst du dir denken, dass diese ja immerhin zu einer Rente werden könnten. Aber im Grunde ist es so, dass weder staatliche Rente noch Rürup-Rente (und alle anderen Formen von Versicherungsprodukten dieser Art) garantieren, dass du auch mindestens das herausbekommst, was du einzahlst. Zudem sind Rentenansprüche aus der staatlichen Rente schlichtweg unattraktiv und frustrierend.
Die staatliche Rente ist außerdem ein umlagefinanziertes System. Du zahlst einen Euro ein, der dann verwaltet und verteilt wird. Woanders kommt der Euro abzüglich Verwaltungskosten an. Dass das nicht funktionieren kann, wenn die Beiträge nicht ausreichen, ist klar.
Bei Rürup-Renten gibt es hingegen garantierte Verzinsungen, die so marginal sind, dass sie zwar noch das Sparbuch schlagen, aber selbst mit der Performance des DAX nicht mithalten können (und der ist im Vergleich zu anderen Aktien-Indizes wirklich nicht besonders gut). Zudem kommen bei Rürup-Renten und anderen Versicherungen Abschluss- und Verwaltungskosten hinzu. Dein Geld wird also angelegt, von der Rendite bleibt aber wenig. Immerhin: Wenn du lange genug lebst und wirklich viel eingezahlt hast, lohnt es sich durchaus.
Drittens würde eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige bedeuten: Unrentable Vorsorgesysteme würden zur Pflicht werden und die Möglichkeit, finanziell sinnvoll vorzusorgen, einschränken.
Ein Problem (das auch viele Angestellte haben) ist zudem mangelnde Rentabilität: Beide Rentenmodelle, staatlich und Rürup, sind im Vergleich zu selbst organisierter Vorsorge finanziell unattraktiv. Die staatliche Rente kann zudem bei niedrigen Beiträgen trotzdem – wie erwähnt – zur Grundsicherung führen.
Neben der schlechten Rentabilität kommt dann eben die Verpflichtung der Abgabe als solche hinzu. Wenn du dich für die Rürup-Rente entscheiden solltest, ist davon auszugehen, dass hier Mindestbeiträge definiert werden. Schließlich ist es auch Ziel des Gesetzesentwurfs, dass alle Selbstständigen eben über den Staat oder im vergleichbaren Rahmen (gemeint werden wohl Beitrags- und Leistungshöhen) versichert werden.
Nicht zu vergessen ist zudem das ganz konkrete Existenzrisiko, dass zu hohe und nachzuzahlende Sozialabgaben ohnehin bedeuten können: Schließlich kann es auch mal passieren, dass etwas schief geht. Da ist es angenehmer, sich nicht auch noch um Forderungen der Rentenkasse sorgen zu müssen, wenn du ganz konkret um deine berufliche Existenz fürchtest.
Das Problem mit den hohen Sozialabgaben trifft Selbstständige ja ohnehin: Schließlich zahlen sie, bis auf KSK-Versicherte, 100 Prozent selbst. Dass hier ein paar nicht gezahlte Beiträge schnell das Ende einer wirtschaftlichen und beruflichen Existenz – und damit eines ganzen Lebensentwurfs – bedeuten können, erschließt sich.
Viertens bedeutet eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige: Belastungen durch Beiträge in finanziell unsicheren Zeiten erhöhen das Risiko für einen wirtschaftlichen Kollaps.