Zu Anfang dieses Blog Posts würde ich gerne eine kühne These aufstellen: Fast alle Menschen würden auf die Frage ' wie sie auf andere wirken ' mit relativer Klarheit antworten, dass sie sich in ihrer Selbsteinschätzung sehr sicher sind. Ich würde behaupten, dass das so nicht stimmt. Klar, keine Regel ohne Ausnahme, doch die meisten schätzen sich falsch ein.
Also, unsere Selbstwahrnehmung ist nicht immer korrekt.
Es gibt aber auch noch einen zweiten Bereich und das ist die Fremdwahrnehmung. Das ist die Frage, wie schätzen mich die anderen ein. Und hier kommt der nächste verblüffende Moment ins Spiel, denn andere nehmen uns meist ganz anders wahr als wir uns selbst.
Gehen wir zunächst auf die Selbsteinschätzung ein.
Viele Faktoren können dazu führen, dass du dich selbst falsch einschätzt. Die Ursprünge liegen meist in der Kindheit - deswegen machen wir an dieser Stelle eine kurze Zeitreise in die Vergangenheit: Wir können davon ausgehen, dass wir als Babys noch ganz intuitiv und direkt auf Situationen reagiert haben. Wenn ein Baby Hunger hat oder ihm etwas weh tut, zeigt es das unmittelbar. Aber auch auf Reize von außen haben kleine Kinder schnell eine deutliche Reaktion. Kommt ihnen eine Mensch mit lauter Stimme zu nahe, wird es zurückweichen oder auch anfangen zu weinen. Das heißt, es reagiert ganz ehrlich und offen auf eine bestimmte Begebenheit und zeigt das auch. Als Kind haben unsere ersten Impulse (aus dem Bauch heraus) noch bestens funktioniert. Und wir sind ehrlich damit umgegangen. Mit der Zeit aber, durch die Eltern und die Erziehung, das Umfeld anderer Menschen, dem Kindergarten, der Schule etc. - lernen wir uns zu verstellen. Wenn ein Baby wegen einem lauten Geräusch anfängt zu schreien, wird das noch akzeptiert. Bei einem 6 Jahre alten Kind ist das schon etwas anderes. Es wird aufgefordert, sich zurückzuhalten, höflich zu sein oder ähnliches. Auch wenn die Tante absolut furchteinflößend ist, wird es dazu angehalten, ihr doch bitte freundlich die Hand zu geben oder schlimmer noch, sich bei ihr auf den Schoß zu setzen („das ist doch deine Tante!!!“), obwohl es am liebsten sofort die Flucht ergreifen würde.
Warum das an dieser Stelle wichtig ist? Aus dem einfachen Grund, dass durch diese oder ähnliche Beispiele, die wir als Kinder in der einen oder anderen Form erlebt haben – die Liste ist unendlich – unsere wahren Gefühle und Reaktionen stückchenweise verloren gegangen sind. Wir haben gelernt – je älter wir wurden - uns zu verstellen, unsere Emotionen zurückzuhalten und uns eine (freundliche oder was auch immer) Maske / Fassade zuzulegen, hinter der wir unsere Wahrheit verstecken mussten. Und je länger wir das getan haben, desto mehr geht das eigene verloren, wird vergraben und diese Maske wird dann irgendwann zu unserer Identität. Wenn aber innerlich unsere wahren Gefühle, Impulse oder Reaktionen doch noch ein bisschen wirken, also zumindest nicht ganz vergessen sind, kann unsere Selbstwahrnehmung mitunter ganz schön konfus ausfallen. Und so kommt es dazu, dass wir uns in unserer Außenwirkung oft völlig falsch einschätzen. Es gibt ein schönes Bild: Eine kleine Maus betrachtet sich im Spiegel und sieht einen mächtigen Löwen oder auch umgekehrt. Das kann in der Realität dann so aussehen, dass ein an sich unsicherer Mensch seine Ängstlichkeit hinter einer taffen oder brüllenden Löwenmaske verbirgt, weil er gelernt hat, dass man nicht schwach sein darf. Oder eine an sich starke Persönlichkeit gibt sich wie ein piepsiges Mäuschen, weil ihr Selbstbewusstsein auf dem Weg zum Erwachsen werden verloren gegangen ist.