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Selbstständigkeit

MAIN - Blog Selbständigkeit - "Dienstleistungsvertrag, Honorarvertrag, Werkvertrag - was sich dahinter verbirgt und was die Unterschiede sind"

Zuletzt aktualisiert am 5. Juli 2023

Nina Sickinger

Freelance Editor

30. Juni 2020

Bei Festangestellten wird das Arbeitsverhältnis mit allen wichtigen und wesentlichen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag geregelt. Bei Selbständigen und den so genannten "Freien" im Gegensatz dazu gelten andere Vertragsformen wie zum Beispiel der Honorar-, Werk- oder Dienstleistungsvertrag. Auch wenn einige Aspekte sehr ähnlich sind, gibt es Unterschiede in der Ausprägung der einzelnen Vertragsarten. Und einer ist eigentlich eher ein übergeordneter Begriff. Zudem kommt ein wichtiges Thema zum Tragen: die Scheinselbständigkeit, auf die wir weiter unten im Text näher eingehen. 

Zunächst kurz vorab: Der Werkvertrag ist in den Paragraphen 631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt, der Dienstvertrag in den Paragraphen 611 ff. BGB. Die beiden Verträge sind primär nach dem Vertragsgegenstand zu unterscheiden. Mit dem Begriff Honorarvertrag können beide Vertragsarten betitelt sein. Anders ausgedrückt: der Honorarvertrag kann in Form des Werk- oder des Dienstleistungsvertrags ausgefertigt sein.

Die Vertragsarten kompakt erklärt

Der Dienstleistungsvertrag oder auch (freier) Dienstvertrag 

Im Dienstvertrag wird die Person, die einen Dienst oder eine Dienstleistung zusichert, zu deren  Leistung verpflichtet. Der Vertragspartner wiederum wird verpflichtet, diese Leistung mit der vereinbarten Vergütung zu bezahlen. Laut BGB können Dienste jeglicher Art Vertragsgegenstand sein.

Zu beachten: Der zur Dienstleistung Verpflichtete schuldet dem Vertragspartner allerdings nur die Leistungsausführung bzw. Arbeitshandlung - nicht aber den Leistungserfolg. Anders ausgedrückt:  Der zur Dienstleistung Verpflichtete schuldet dem Vertragspartner sein bestmögliches Tun. Begründet wird das damit, dass niemand die Garantie für ein spezielles Ergebnis gewährleisten kann.  

Ein Beispiel: Du bist freier Musiklehrer und erteilst jemanden Geigen-Unterricht. Hier kannst du zwar deinen Schüler bestmöglich unterrichten. Den Erfolg aber, dass dein Musikschüler jemals ein Virtuose auf der Geige sein wird, kannst du nicht garantieren. Also, du schuldest bei diesem Dienstvertrag nur die unterrichtende Tätigkeit gegen Vergütung. 

Beim Dienstvertrag spricht man übrigens auch von zwei Varianten: der freie/ selbstständige Dienstvertrag (unser heutiges Thema) und der unselbstständige Dienstvertrag, der dem festen Arbeitsvertrag gleichzusetzen ist. 

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Der Werkvertrag

Im Werkvertrag verpflichtet sich ein Selbständiger zur Herstellung, des im Vertrag formulierten und zugesagten, Werkes. Der Vertragspartner (Besteller) wird zur Vergütung dieses Werkes verpflichtet. Der Vertrag regelt sowohl die Herstellung eines Werkes als auch die Veränderung eines solchen. 

Zu beachten: Im Gegensatz zum Dienstvertrag ist aber hier auch der Erfolg Gegenstand des Vertrags. Anders ausgedrückt: Nicht nur das bestmögliche Tun an sich, sondern auch der konkrete Erfolg, wird vom Dienstleistenden geschuldet. Der zur Herstellung Verpflichtete ist unternehmerisch selbstständig und kann selbst entscheiden, wie und auf welche Art er die erforderlichen Tätigkeiten/Arbeiten ausführt. 

 Ein Beispiel: Du bringst dein defektes Fahrrad in ein Fahrradgeschäft (mit Reparaturwerkstatt). Dabei schließt du für die Reparatur einen Werkvertrag mit dem Geschäft (-sinhaber), wobei dieser dir die erfolgreiche Reparatur deines Fahrrads schuldet. 

Fazit: Da sich Werk- und Dienstvertrag relativ ähnlich sind, besteht sowohl bei Auftraggebern wie auch bei Auftragnehmern oft Unklarheit darüber, welcher Vertrag denn nun in Frage kommt. 

Eine Entscheidungshilfe könnte sein: Der Werkvertrag kommt dann zum Tragen, wenn eindeutig festgelegt ist, wie ein "Werk" am Ende beschaffen sein und funktionieren soll. Es geht also um den messbaren Erfolg. Beim Dienstvertrag geht es rein um die Arbeitsleistung oder die Ausführung einer Dienstleistung unabhängig vom Arbeitserfolg.  

Der Honorarvertrag

Unter diesem Begriff ist die Festschreibung von Absprachen, durch die eine erbrachte Leistung direkt vergütet wird, gemeint. Es gibt zwei Varianten: das Honorar wird entweder fest oder erfolgsbezogen vereinbart. Die gewählte Vergütungsmethode muss im Vertrag schriftlich festgehalten sein. In der Regel wird mittels Honorarvertrag die Zusammenarbeit zwischen einem Unternehmen (Auftraggeber) und Freiberuflern oder Selbstständigen (Auftragnehmer/freier Mitarbeiter) geregelt. Der Honorarvertrag ist also sozusagen ein Vertrag über eine freie Mitarbeit. Oft wird er als Mischform bezeichnet, denn wie schon erwähnt wird er je nach Aufgabenstellung und Zielsetzung auf Grundlage eines Dienst- oder eines Werkvertrags ausgefertigt. 

Dennoch gibt es auch Unterschiede zu Dienstleistungs- und Werkvertrag, deswegen solltest du bei der Ausgestaltung und Ausformulierung eines Honorarvertrags sehr gut aufpassen und auf alle Eventualitäten achten. Du läufst sonst Gefahr hoher Kosten in Form von Nachzahlungen. 

Wichtig: Der Auftragnehmer/freie Mitarbeiter muss selbstständig tätig und darf nicht weisungsgebunden sein. Er kann den Arbeitsort und die Arbeitszeit frei bestimmen. Der Auftraggeber kann auch keine anderen Weisungen erteilen, die der freie Mitarbeiter auf Honorarbasis befolgen müsste. Ein Honorarvertrag kann in verschiedenen Bereichen Anwendung finden und zwischen unterschiedlichen Parteien abgeschlossen werden, zum Beispiel zwischen Unternehmen und einem freien Mitarbeiter oder zwischen Selbständigen und einer Privatperson. 

Die gängigsten Berufe, in denen Honorarverträge geschlossen werden, sind unter anderem: 

  • Ärzte

  • Anwälte

  • Steuer- und Unternehmensberater

  • Gutachter und Sachverständige

  • Lehrer, Dozenten, Studenten

  • Architekten, Ingenieure

  • (Immobilien-) Makler

  • Journalisten, Texter und Autoren, sowie Künstler wie Schauspieler, Musiker, Maler

Zu beachten: Beim Honorarvertrag ist die Gefahr, dass real eigentlich der Status eines Arbeitnehmers vorliegt und damit die Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungs-Beiträgen bestehen, immer gegeben. Das bedeutet, wenn eine Vereinbarung zwar als Honorarvertrag bezeichnet wird, de facto die Ausformulierung des Vertrags aber auf einen Arbeitsvertrag im Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis hinweist. Dies solltest du unbedingt vermeiden. Doch auch wenn diese Gefahr grundsätzlich gegeben ist, sind Honorarverträge durchaus zulässig und legitim, da sie vom Grundsatz her kein Arbeitsverhältnis festlegen, sondern einen Werkliefervertrag. 

Wichtig: Kommt es bei einem bestehenden Honorarvertrags-Verhältnis zu einer Prüfung (beispielsweise durch die Rentenversicherung) und wird daraus ersichtlich, dass real kein freies Dienstverhältnis, sondern ein abhängiges Arbeitsverhältnis vorliegt (wegen der charakterlichen Ausprägung und tatsächlichen Ausgestaltung), besteht für den Auftraggeber die Gefahr von teils hohen Nachforderungen seitens der Sozialversicherung. Dazu gleich noch mehr.

Wenn du dich jetzt fragst, wie war das eigentlich nochmal mit Freelancer, Freiberufler und Co., dann kannst du hier nochmal nachlesen Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Selbständigen, Freiberuflern, Freelancern, freien Mitarbeitern & Co.?

Rechtliche Folgen bei Werk- und Dienstverträgen

Je nach Art des Vertrags gibt es unterschiedliche Rechtsfolgen. 

  • Beim Werkvertrag: die geschuldeten Leistungen umfassen die Herstellung des Werkes und die Entrichtung eines Entgelts. Weist das "Werk" am Ende Mängel auf, hat der Besteller spezielle Mängelgewährleistungsrechte (ähnlich wie im Kaufrecht). Diese sind in den §§ 634 ff. BGB geregelt. Unter Umständen können dann Schadensersatz, Minderung oder ein Rücktritt vom Vertrag geltend gemacht werden.  
  • Beim Dienstvertrag: hier steht das Tun oder auch Tätigwerden nach bestem Wissen und Gewissen im Mittelpunkt. Ein Erfolg wird nicht garantiert. Im Gegenzug ist die Vergütung fällig. Aber es gibt generell keinen Anspruch, wenn der gewünschte Erfolg nicht eintritt. Schadensersatz und Rücktritt sind im Einzelfall nur möglich, wenn eine Pflichtverletzung im Rahmen des Tätigwerdens vorliegt. Dafür gelten insbesondere die §§ 280 ff. BGB und die §§ 320 ff. BGB.

Die Scheinselbständigkeit

Freiberufler und Selbstständige laufen leicht Gefahr der Scheinselbstständigkeit, vor allem wenn sie auf Basis von Honorarverträgen arbeiten. Da es zu diesem Thema an sich zwar viele Regelungen gibt, bleibt allerdings oft eine Restunsicherheit. Um das Risiko aber möglichst kein zu halten, kannst du dich daran unter anderem orientieren: 

  • Du solltest als selbständiger Auftragnehmer nicht an die Weisungen deines Auftraggebers gebunden sein
  • Es sollte eine wirtschaftliche und soziale Unabhängigkeit bestehen
  • Du solltest auf eigene Rechnung arbeiten 
  • Du darfst Aufträge anderer Unternehmen gleichzeitig annehmen und solltest dies auch unbedingt tun.  
  • Du solltest generell darauf achten, dass im Honorarvertrag auf alle Vereinbarungen verzichtet wird, die auf ein abhängiges Arbeitsverhältnis schließen lassen. Dazu zählen z.B. Anspruch auf Urlaub, ein festgelegter Arbeitsort und festgelegte Arbeitszeiten. Erlaubt ist aber beispielsweise eine bestimmte Stundenanzahl festzulegen, aber nicht, wann oder zu welcher Tageszeit du diese ableisten musst. 

Beachte: Wenn du als Auftraggeber einen Honorarvertrag mit einem freien Mitarbeiter abschließt, es sich wissentlich aber um eine eigentlich sozialversicherungspflichtige Zusammenarbeit handelt, läufst du Gefahr sowohl strafrechtlicher als auch steuerrechtlicher Konsequenzen. Das kann Bußgeld bedeuten als auch -  im worst case -  eine Gefängnisstrafe. Außerdem wird das Finanzamt die geschuldeten Beiträge nachfordern. 

Gut zu wissen: Wenn du auf Nummer sicher gehen möchtest, kannst du den Vertrag bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung durch ein Statusfeststellungsverfahren absichern oder auch von einem Anwalt checken lassen.  

Detaillierte Informationen zum Thema Scheinselbstständigkeit findest du auch in unserem Blogartikel Was du zum Thema Scheinselbständigkeit wissen musst.

Die Aspekte des Honorarvertrags für Auftragnehmer und Auftraggeber noch einmal zusammengefasst

  • Große Flexibilität für dich als freien Mitarbeiter beziehungsweise Selbstständigen durch die fehlende Weisungsgebundenheit und die Freiheit bei der Ausführung der Projektarbeit.  
  • Für den Auftraggeber bedeutet die Beschäftigung von freien Mitarbeitern ebenfalls eine relative Freiheit. Da es sich ja ausdrücklich nicht um ein festes Arbeitsverhältnis handelt, fallen viele Vorschriften des Arbeitsrechts weg. Also, keine Zahlung von Sozialversicherungs- oder Krankenkassenbeiträgen, es gilt kein Kündigungsschutz oder Urlaubsanspruch für den Auftragnehmer und auch keine Entgeltfortzahlung bei Krankheit. 
  • Der empfindliche Punkt beim Honorarvertrag ist und bleibt das Thema Scheinselbstständigkeit. Es drohen nicht nur Konsequenzen für den Auftragnehmer, sondern auch für den Auftraggeber drohen die bereits angesprochenen Nachforderungen für die Sozialversicherung und: Wird der Status eines eigentlich festen Arbeitsverhältnisses festgestellt, könnte der Auftragnehmer dann zudem Rechte aus Kündigungsschutz und andere Ansprüche gegen dich als Auftraggeber geltend machen.