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MAIN - Blog Selbständigkeit - "Wie du als Einsteiger in die Selbstständigkeit richtig kalkulierst"

Zuletzt aktualisiert am 4. Juli 2023

Annemarie Cornus

Freelance Editor

22. März 2019

Jeder fängt mal klein an. Auch jeder Freelancer. Der Schritt in die Selbstständigkeit ist ein aufregendes Ereignis und bringt viel Neues mit sich mit. Doch manche gehen diesen Weg bereits während ihres Studiums. Was? Wer traut sich das denn? All die, die Jobs auf Basis eines fixen Stundenlohns nachgehen und sich nicht in Festanstellung befinden.

Darunter fallen Berufsgruppen wie Messehostessen, Promoter, Food-Auslieferer und viele mehr. Diese Jobs gehören mit zu den beliebtesten Tätigkeiten neben dem Studium – und sind für einige auch nach der Ausbildung ein begehrter Weg, als Selbstständiger in die Berufswelt einzusteigen.

Chapeau! Der frühe Einstieg in die Selbstständigkeit ist mutig. Die Erfahrung aus dem Angestelltendasein kann zwar nicht schaden. Um als Selbstständiger erfolgreich zu sein, braucht man sie aber nicht.

Arbeiten für den Mindestlohn = nur ein Einstieg!

Ich habe keine Ahnung, wer du bist und was du beruflich machst. Aber nehmen wir an, du gehörst zu den mutigen Menschen, die wirklich frühzeitig mit einem Neben- oder Vollzeitjob als Messehostess oder Promoter gestartet haben. Darf ich dich etwas Persönliches fragen: Wie viel verdienst du pro Stunde?

In unserem Stundensatz-Artikel haben wir bereits erklärt, wie ein erfahrener Freelancer seinen Stundensatz berechnet. Kurz gesagt: Unter 60 Euro läuft nicht viel. Als Einsteiger in einem Job, für den es keine Erfahrung oder eine spezielle Ausbildung braucht, sieht das anders aus. Hier liegt der übliche Stundensatz um die 12 Euro. Ein ziemlich großer Unterschied.

Minijob? Als Student lukrativ, später nicht!

Mit solch einem Stundensatz seine Lebenshaltungskoksten zu decken ist wirklich nicht einfach. Wobei man differenzieren muss: Als Student hat man geringere Ausgaben. Eventuell bekommt man BAföG-Förderung und wird von den Eltern unterstützt. Zudem zahlt man bei einem kleinen Nebeneinkommen deutlich weniger Abgaben. So muss man als Student mit einem Minijob keine Sozialabgaben abdrücken. Und auch von Steuern bleibt man befreit, solange der Nebenverdienst im Durchschnitt unter 450 Euro im Monat liegt.

Fällst du in die Gruppe der Mini-Jobber, sind 450 Euro Nebenverdienst pro Monat toll. Gerade als Student. Für einen Vollzeit-Freelancer, der seinen Job hauptberuflich ausführt, ist dieses Modell allerdings nichts. Schließlich geht es in dem Lebensabschnitt nach dem Studium darum, nicht nur seine Kosten zu decken, sondern auch Gewinn zu erzielen, sich eventuell eine eigene Immobilie zu kaufen, Versicherungen abzuschließen (etwa für den Fall der Berufsunfähigkeit), die Krankenkasse zu zahlen, eine Familie zu versorgen und für das Alter vorzusorgen.

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Unternehmerisch denken und handeln

Was bedeutet das nun für Minijobber und andere, die auf Basis eines Stundenlohns um die 12 Euro tätig sind? Im Grunde das gleiche wie für jeden Selbstständigen: Man muss lernen, frühzeitig unternehmerisch und verantwortungsvoll zu handeln. Schließlich soll die Selbständigkeit irgendwann einmal die Haupteinnahmequelle werden. Und das ist mit einem Stundenlohn von 12 Euro schlichtweg nicht möglich.

Damit du von deinen Einnahmen auch wirklich dein Leben finanzieren kannst, muss sich dein Stundensatz perspektivisch erhöhen. Doch wie legitimiert man seinen (steigenden) Preis vor seinen Kunden? Das A und O ist eine fundierte Ausbildung. Zudem solltest du einschlägige Berufserfahrung sammeln. Besonders wichtig: Eigne dir Fähigkeiten an, die in deinem Job gefragt sind. Gehst du etwa einer Beschäftigung als Hostess oder Promoter nach, kann es sinnvoll sein, Fremdsprachkurse zu besuchen, um so auch auf internationalen Messen tätig sein zu können.

Wichtig: Es zählt nicht nur die Berufserfahrung. Selbst eine fünfjährige Tätigkeit als Messehostess wird dich auf Dauer nicht weiterbringen. Vielmehr muss es dein Ziel sein, Wissen zu erwerben, das dich von deiner Konkurrenz abhebt. Und das für deine Kunden einen echten Mehrwert bedeutet. Das geht durch ein Studium, eine fundierte Ausbildung, das absolvieren von internen Qualifikationen und natürlich eine stetige Investition in deine Weiterbildung.

Tipps für die Weiterbildung

Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es wie Sand am Meer. Hier ein paar Optionen, die für dich interessant sein könnten.

1. Volkshochschulen: Fast in jeder größeren deutschen Stadt gibt es eine Volkshochschule mit zahlreichen Weiterbildungsangeboten. Die Kurse decken Bereiche wie Sprachen, IT, Kultur und selbst die Grundbildung ab. Selbst der Erwerb weiterführender Schulabschlüsse ist an einer VHS möglich. Und das alles meist zu einem günstigen Preis.

2. Sprachreisen: Die beste und effektivste Möglichkeit, seine Sprachkenntnisse zu erweitern, ist eine Sprachreise. Es gibt zahlreiche Agenturen, die sich auf die Vermittlung von Sprachlernwilligen an Sprachschulen in allen möglichen Ländern spezialisiert haben. Solche Agenturen kümmern sich auch um eine passende Unterkunft nahe der Schule und stehen dir während deiner Reise mit Rat und Tat zur Seite. Alternativ kannst du auch einen Anbieter für Sprachreisen wählen, bei dem alles aus einer Hand stammt: Die Organisation, die Schule mit eigenen Dozenten sowie die Unterkunft.

3. E-Learning: Dank des Internets kannst du dich auch von zu Hause aus gezielt weiterbilden. Ganz egal in welchem Fach oder auf welchem Gebiet. Du kannst digitale Zertifikatskurse absolvieren, dich an einer Fernhochschule einschreiben oder Online Tutorials absolvieren. Etwa bei Udemy , wo du als Nachweis für die Kursteilnahme eine Abschlussbescheinigung erhältst.

Welche Fixkosten müssen gedeckt werden?

Nun einmal zu den harten Fakten. Welche Fixkosten musst du von deinem Stundensatz decken können?

Da kommt so einiges zusammen: Miete, Versicherungen, Krankenkasse, Internet- und Mobilfunkverträge – all das sind im Regelfall monatliche Kosten, die auf dich zukommen. Nicht zu vergessen die Kosten für Büromaterial, eine eigene Website und eventuell einen Firmenwagen. Ja, wer Geld verdienen will muss auch welches ausgeben.

Ganz abgesehen von den Ausgaben für deine Arbeitsgeräte und deine Arbeitskleidung. Hierbei handelt es sich zwar nicht im regelmäßig anfallende Kosten. Doch können auch diese ganz schön ins Geld gehen.

Ein Beispiel: Als selbstständige Texterin bin ich auf meinen Laptop angewiesen. Ohne ihn läuft nichts. Gibt dieses Arbeitsgerät plötzlich den Geist auf, muss sofort Ersatz her. Schließlich kann ich ohne Laptop nicht arbeiten. Und jeder Auftrag, der aufgrund des defekten Geräts nicht erledigt werden kann, ist verlorenes Geld. Bleibt nur eins: Schnell einen neuen Laptop kaufen. Soll es ein guter sein, mit dem ich täglich arbeite, wird das ein teurer Spaß. Viel Geld, das mal so kurz nebenbei ausgegeben wird.

Dieses Szenario ist nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern bittere Realität. Als Selbstständiger muss man jederzeit mit unerwarteten Kosten rechnen. Und sollte daher nicht nur darauf bedacht sein, genug zu verdienen, um seine monatlichen Fixkosten zu decken. Für den Notfall muss auch immer ein finanzieller Puffer zur Verfügung stehen. Es gibt allerdings Mittel und Wege, die Fixkosten möglich gering zu halten. Schaue dir hierzu unseren Blogartikel „ Halte deine Fixkosten gering “ an.

Als wären die Fixkosten nicht schon genug, sind da auch noch die Konsumkosten. Jeder Mensch braucht etwas zu Essen, möchte sich mal was gönnen und hat vielleicht ein kleines Laster. Ein Urlaub sollte auch mal drin sein. Und etwas Geld zum Ansparen muss auch noch überbleiben. All das sind Dinge, für die du das nötige Geld aufbringen können solltest.

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Der Mindestlohn ist kein Maßstab für Selbstständige

In Deutschland ist ein gesetzlicher Mindestlohn vorgeschrieben. Zum 1. Januar 2019 beträgt dieser 9,19 Euro pro Stunde. 9,19 Euro für eine Arbeit, der üblicherweise in einer Festanstellung nachgegangen wird. Einer Anstellung, in der man Sicherheit hat, von seinem Arbeitgeber finanziell bei Themen wie der Krankenversicherung unterstützt wird und auch noch für die Rente vorsorgt. 9,19 Euro. Und als Selbstständiger, der sämtliches Risiko alleine trägt, der seine Krankenversicherungsbeiträge komplett aus eigener Tasche zahlt und der zusehen muss, dass etwas für das Alter zurückbleibt, soll ein Stundensatz von 12 Euro reichen?

Die Arbeitsleistung von Selbstständigen ist mehr wert. Schließlich haben ihre Auftraggeber ein deutlich geringeres Risiko als Arbeitgeber, dir auf Festangestellte setzen. Wenn du also gerade in die Selbstständigkeit gestartet bist und nicht weißt, wie viel du verlangen kannst: Lerne abzuschätzen, wie viel deine Arbeitsleistung tatsächlich wert ist.

Lebenshaltungskosten sind mit den klassischen Einsteigerjobs für Selbstständige nur schwer oder gar nicht zu decken. Für den Start mag ein Stundensatz von 12 Euro noch ok sein. Spätestens wenn du deiner Arbeit Vollzeit nachgehst und du weitere Erfahrung sammelst, muss der Lohn aber steigen.

Nur mal so nebenbei: Der Mindestlohn wird jährlich ebenfalls nach oben angepasst. Aktuell liegt er noch bei 8,84 Euro pro Stunde (Stand: Oktober 2018). 2020 wird er bei 9,35 Euro liegen. Sorry, aber dann muss doch auch eine Lohnsteigerung für Selbstständige drin sein, oder?

Klein anfangen, groß durchstarten!

Man kennt es aus der Arbeit in einer Festanstellung: Zu Beginn verdient man noch ein Einstiegsgehalt. Nach einem Jahr folgt das erste Verhandlungsgespräch mit dem Vorgesetzten. Das Gehalt steigt. Und so geht es Jahr für Jahr weiter. Das ist jetzt natürlich das beste Szenario für einen Festangestellten. Aber tatsächlich steigt das Gehalt eines deutschen Angestellten im Jahr durchschnittlich um 2,5 bis 3 Prozent .

Warum bekommen Angestellte diese Erhöhung? Ganz klar: Umso länger eine Arbeitskraft in einem Unternehmen sind, desto mehr Erfahrungen hat sie gesammelt. Sie wurde eingearbeitet, hat die Prozesse verinnerlicht, an internen und externen Weiterbildung teilgenommen. Kurz gesagt, der Angestellte hat sich weiterentwickelt. Und verdient deshalb nun mehr Geld.

Was bedeutet das für dich als Selbstständiger? Dein Ziel muss es sein, Erfahrungen zu sammeln und dir Fähigkeiten anzueignen, durch die du deine Kunden überzeugst – und höhere Stundensätze verlangen kannst.

Ein Stundenlohn von 12 Euro ist mit einem Einstiegsgehalt zu vergleichen. Das ist ok. Aber dieses Honorar ist keinesfalls ein Dauerzustand. Du bist dafür verantwortlich, dass es in Zukunft für dich finanziell bergauf geht. Deshalb investiere in dich und deine Fähigkeiten. Denke und handle unternehmerisch. Investiere in deine Aus- und Weiterbildung. Und scheue dich nicht davor, dein Honorar mit der Zeit anzupassen.