Banking & Buchhaltung – leicht gemacht für Freelancer und mittelständische Unternehmen

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Bei deinem Start in die Selbstständigkeit, stellt sich dir sicherlich die Frage nach deiner persönlichen Absicherung. Was passiert, falls du deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst? Greifen dann die Sicherungsnetze, die du vielleicht aus deiner Zeit als Angestellter kennst? Eines davon ist die gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Doch gibt es die auch für Freiberufler?

Was ist die Erwerbsminderungsrente?

Die volle Erwerbsminderungsrente wird gezahlt, wenn du aufgrund von Krankheit oder Behinderung weniger als drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kannst.
Die teilweise Erwerbsminderungsrente erhältst du, wenn du mindestens drei, aber weniger als sechs Stunden täglich arbeitsfähig bist. Seit Januar 2025 gilt: Wer eine volle Erwerbsminderungsrente erhält, darf bis zu 19.661,25 Euro jährlich hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Bei teilweiser Erwerbsminderung liegt die Grenze sogar bei 39.322,50 Euro.

Eine Erwerbsminderung kann vorübergehend oder dauerhaft bestehen. Vor der Bewilligung prüft die Deutsche Rentenversicherung, ob medizinische oder berufliche Rehabilitationsmaßnahmen deine Erwerbsfähigkeit verbessern können.

Die Höhe der Rente richtet sich nicht nach deinem letzten Nettoeinkommen, sondern nach den bisher erworbenen Entgeltpunkten, Zurechnungszeiten und weiteren Faktoren der Rentenberechnung. In der Praxis entspricht die Leistung häufig etwa 30–35 % des früheren durchschnittlichen Einkommens, die tatsächliche Höhe kann aber stark abweichen. Die sogenannte Zurechnungszeit – also der Zeitraum, der bei der Rentenberechnung so berücksichtigt wird, als würdest du weiterarbeiten – wurde schrittweise verlängert. Ab 2025 reicht sie bis zum 65. Lebensjahr. Das erhöht die spätere Rentenhöhe spürbar.

Beziehst du die Erwerbsminderungsrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze, musst du Abschläge in Kauf nehmen. Pro Monat vorzeitigem Rentenbeginn werden 0,3 % abgezogen, maximal jedoch 10,8 %.

Bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente wird in der Regel nur die Hälfte der errechneten Rente ausgezahlt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass du die übrigen Lebenshaltungskosten durch eine Teilzeitbeschäftigung decken kannst. Findest du über einen längeren Zeitraum hinweg keine passende Teilzeitstelle, kann die Rente als sogenannte Arbeitsmarktrente auf den vollen Betrag aufgestockt werden.

Wichtig: Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente ist keine Berufsunfähigkeitsversicherung. Das bedeutet, dass nicht dein bisheriger Beruf geschützt ist. Auch wenn du deinen erlernten oder ausgeübten Beruf (z. B. als Berater) nicht mehr ausüben kannst, musst du unter Umständen auf eine andere, auch geringer qualifizierte Tätigkeit (z. B. im handwerklichen Bereich) verwiesen werden.

Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente

Es gibt drei Hürden, um die Erwerbsminderungsrente zu erhalten:

  • Arbeitsunfähigkeit: Diese muss von mindestens einem Arzt festgestellt werden. Achte auf eine gute Dokumentation deines Krankheitsbildes. Je mehr Fakten deinen Antrag stützen, desto besser!
  • Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder versicherungspflichtige Tätigkeit seit mindestens fünf Jahren vor der Antragstellung. Hierzu zählen auch Zeiten der Kindererziehung und Pflege von Angehörigen.
  • In mindestens drei dieser fünf Jahre wurden Pflichtbeiträge gezahlt.

Die letzten beiden Punkte sind für viele Selbstständige die Crux. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung kennt man, in der Regel, nur im Zusammenhang mit Angestellten. Aber Achtung! Es gibt freie Berufsgruppen, die gesetzlich verpflichtet sind, in die Deutsche Rentenversicherung einzuzahlen. Diese sind:

  • Handwerker
  • Lehrer, auch nebenberufliche, die mehr als 450 Euro pro Monat verdienen. Die Rentenversicherung legt den Lehrberuf sehr weit aus. So zählen zu dieser Gruppe auch Nachhilfelehrer, Coaches, Trainer, Tennis- und Musiklehrer.
  • Erzieher, die mit Kindern arbeiten. Die Versicherungspflicht betrifft auch Tagesmütter.
  • Pflegekräfte, die in erster Linie auf Anweisung von Ärzten handeln.
  • Hebammen
  • Seelotsen
  • Alle bildenden und darstellenden Künstler, sowie Musiker.
  • Autoren, Schriftsteller und Herausgeber. Betreibst du einen Blog oder veröffentlichst Videos auf diversen Onlineplattformen, zählst du versicherungsrechtlich zu einer dieser beiden Kategorien.

Die Rentenversicherungspflicht erlischt, wenn Lehrer, Erzieher und Pflegekräfte selbst Angestellte haben. Auch Auszubildende zählen in diesem Fall als Angestellte.

Gehörst du zu einer der oberen Berufsgruppen, musst du in die Rentenversicherung einzahlen. Nach fünf Wartejahren hast du Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente für Selbstständige. Eine allgemeine Rentenversicherungspflicht für alle Selbstständigen ist politisch weiterhin geplant, wurde aber mehrfach verschoben. Auch 2025 besteht also keine generelle Versicherungspflicht – es bleibt bei den bestehenden Pflichtgruppen und der Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung.

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Erwerbsminderungsrente für Selbstständige, wenn du nicht versicherungspflichtig bist

Doch was passiert, wenn du von den Leistungen der Deutschen Rentenversicherung profitieren willst und nicht versicherungspflichtig bist? In dieser Situation kannst du dich freiwillig versichern. Bei der freiwilligen Versicherung kannst du selbst bestimmen, wann, wie oft und in welcher Höhe du einzahlen möchtest.

Der monatliche Mindestbeitrag liegt bei 18,6 % von 450 Euro, also 83,70 Euro. Maximal kannst du 18,6 % der Beitragsbemessungsgrenze einzahlen. Diese beträgt aktuell 7.550 Euro im Westen und 7.450 Euro im Osten. Das entspricht einem Höchstbeitrag von rund 1.405 Euro (West) bzw. 1.385 Euro (Ost) im Monat. Du kannst die Einzahlungen jederzeit pausieren, erhöhen oder vermindern. Nur zurückfordern kannst du bereits gezahlte Beiträge nicht.

Die Erwerbsminderungsrente für Selbstständige bei der Deutschen Rentenversicherung bietet sich besonders an, wenn du bereits Rentenpunkte gesammelt hast – sei es durch eine Anstellung oder anrechenbare Zeiten, wie die Elternzeit. Weitere Leistungen der Deutschen Rentenversicherung sind die Altersrente, Reha- und Kurangebote, sowie die Hinterbliebenenabsicherung in Form einer Witwen- und Waisenrente. Du bekommst somit mit deinen Einzahlungen ein Basispaket an Absicherung. Du solltest allerdings beachten, dass es Wartezeiten gibt. Kannst du sie nicht erfüllen, verfallen deine gesammelten Rentenpunkte.

Besondere Vorsicht ist bei der Erwerbsminderungsrente geboten: Zwar bietet dir die freiwillige Versicherung viele Freiheiten bei der Beitragszahlung, für den Anspruch auf Erwerbsminderungsrente brauchst du jedoch in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge. Freiwillige Beiträge allein reichen dafür nicht aus!

Woher kannst du Erwerbsminderungsrente beziehen?

Die obigen Schilderungen beziehen sich auf die Deutsche Rentenversicherung. Sie ist die gesetzliche Rentenversicherung, die über Sozialabgaben von Arbeitnehmern, Arbeitgebern sowie über freiwillige Beiträge finanziert wird.

Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, sich privat gegen Einkommensausfälle durch Krankheit oder Unfall abzusichern. Die klassische Arbeitsunfähigkeitsversicherung wird heute kaum noch angeboten. Sie hatte ähnliche Nachteile wie die gesetzliche Erwerbsminderungsrente, etwa:

  • Eine volle Leistung nur, wenn eine Arbeitsfähigkeit von weniger als drei Stunden täglich festgestellt wird.
  • Es erfolgt keine Absicherung des erlernten oder ausgeübten Berufs – stattdessen kann man auf eine andere, auch geringer qualifizierte Tätigkeit verwiesen werden.

Die deutlich attraktivere Alternative ist die private Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Sie kann sowohl von Angestellten als auch von Selbstständigen abgeschlossen werden.

Ihr großer Vorteil:

  • Leistungen erhältst du bereits dann, wenn du deinen konkreten Beruf dauerhaft oder längerfristig nicht mehr ausüben kannst.
  • Eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit ist ausgeschlossen, sofern keine abstrakte Verweisbarkeit vereinbart ist (Standard bei modernen BU-Verträgen).

Gerade im Hinblick auf die steigende Zahl an psychischen Erkrankungen als Ursache für lange Arbeitsausfälle sollte man diesen Aspekt nicht unterschätzen.

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kannst du als eigenständigen Vertrag oder in Kombination mit einer Rentenversicherung abschließen. Sie wird von allen großen Versicherungsgesellschaften angeboten. Ein Konditionenvergleich lohnt sich unbedingt, da die Beiträge und Vertragsbedingungen stark variieren.

Steuerlich kannst du die Beiträge in der Regel als Vorsorgeaufwendungen geltend machen.

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Wird die Berufsunfähigkeitsrente angerechnet?

Nach aktueller Rechtslage werden die Zahlungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung nicht auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente angerechnet. Das ist ein Vorteil, weil du beide Leistungen nebeneinander beziehen kannst.

Ein Grund zur ungetrübten Freude ist es aber nicht: Alle Einkommen – dazu zählt auch die BU-Rente – werden bei der Berechnung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung berücksichtigt.

Da die Erwerbsminderungsrente häufig niedrig ausfällt, besteht oft Anspruch auf Wohngeld oder eine Aufstockung durch Grundsicherung (früher „ALG II“, heute Bürgergeld).

Rechenbeispiel (2025, alleinstehend mit 500 € Miete/Heizung)

  • Gesamtbedarf (Regelbedarf + Unterkunftskosten): 1.063 €

Fall 1: nur Erwerbsminderungsrente

  • EM-Rente: 600 €
  • Grundsicherung: 463 €
  • Gesamteinkommen: 1.063 €

Fall 2: Erwerbsminderungsrente + BU-Rente

  • EM-Rente: 600 €
  • BU-Rente: 400 €
  • Grundsicherung: 63 €
  • Gesamteinkommen: 1.063 €

Ergebnis: In beiden Fällen kommst du auf den gleichen Betrag. Die BU-Rente verringert lediglich den Zuschuss vom Staat.

Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung bringt dir nur dann einen echten finanziellen Vorteil, wenn die BU-Rente zusammen mit deiner Erwerbsminderungsrente über dem Grundsicherungsniveau liegt. Dann kannst du dir tatsächlich mehr leisten, statt nur die Staatskasse zu entlasten.

Darum: Achte bei der Wahl der BU-Rentenhöhe unbedingt darauf, dass du deinen Lebensstandard absicherst – nicht nur das Existenzminimum.

Wo und wie kannst du deine Erwerbsminderungsrente beantragen?

Wenn du monatlich in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hast, kannst du bei einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit, die Erwerbsminderungsrente beantragen. Hierzu setzt du ein Schreiben an die Deutsche Rentenversicherung auf, in dem du schilderst, aus welchen Gründen du nicht mehr arbeitsfähig bist. Deinem Antrag legst du ärztliche Atteste und Gutachten bei. Nun heißt es warten. Wahrscheinlich wird die Deutsche Rentenversicherung Rückfragen haben, die sie mit dir und/oder deinen behandelnden Ärzten bespricht. Sollte sie deinen Antrag ablehnen, kannst du Widerspruch einlegen und im Zweifel einen Anwalt zurate ziehen.

Was ist zu beachten?

Bis die Rente wegen Erwerbsminderung auf dein Konto fließt, kann es ein weiter Weg sein. Je mehr Unterlagen und Gutachten du zu deinem Zustand beibringen kannst, desto besser. Die Deutsche Rentenversicherung wird dann festlegen, ob du voll oder halb erwerbsgemindert bist. In jedem Fall wirst du beim Arbeitsamt als Jobsuchender gemeldet. Deshalb musst du auch weiterhin Beiträge für die Arbeitslosenversicherung bezahlen. Es könnte passieren, dass am Markt eine Stelle auftaucht, die du trotz deiner Erwerbsminderung ausüben kannst.

Weiterhin wird die Erwerbsminderungsrente erst ausbezahlt, wenn du keine Lohnfortzahlung von deinem Arbeitgeber und auch kein Krankengeld von deiner Krankenkasse (mehr) bekommst. Für uns Selbstständige ist der erste Punkt vernachlässigbar. Jedoch haben viele Freiberufler mit einer privaten Krankenversicherung, eine verlängerte Krankengeldzahlung vereinbart. Die gesetzliche Krankenversicherung zahlt das Krankengeld bis zu 78 Wochen lang.

Wird deine Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung anerkannt, so erhältst du trotzdem keine lebenslange Erwerbsminderungsrente für Selbstständige. Stattdessen wird regelmäßig, häufig alle drei Jahre, überprüft, ob sich dein gesundheitlicher Zustand verbessert hat. Du solltest deshalb rechtzeitig einen Folgeantrag stellen. Ist aus medizinischer Sicht, die Wiederherstellung deiner Erwerbsfähigkeit unwahrscheinlich oder wurde die befristete Erwerbsminderungsrente bereits neun Jahre lang gezahlt, wird zumeist eine unbefristete Erwerbsminderungsrente gewährt. Diese endet mit dem Erreichen des Rentenalters. Ab diesem Zeitpunkt bekommst du eine Altersrente. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Altersrente sehr gering ausfällt, wenn du während deiner Erwerbsunfähigkeit keine Beiträge geleistet hast – wie es der Regelfall ist. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die auch während deines Rentenbezugs weiterhin für dich in deine private Rentenversicherung einzahlt, kann dich vor Altersarmut schützen.