Steuern & Banking für Selbständige & Freelancer

Selbstständigkeit

MAIN - Blog Selbständigkeit - "Wie du als Hebamme in die Selbständigkeit startest"

Zuletzt aktualisiert am 2. Juli 2023

Nina Sickinger

Freelance Editor

3. Sept. 2020

Laut Wikipedia sind "Tempelmalereien von der Drillingsgeburt der Pharaonenkinder des ägyptischen Sonnengottes Re aus dem dritten Jahrtausend vor Christus eines der ältesten Zeugnisse der Hebammenkunst". Das zeigt, der Hebammenberuf ist schon sehr alt. Bis heute gilt dieses Berufsbild als traditionsreich und irgendwie als etwas Besonderes.

Einer der Gründe, warum Hebammen auch heutzutage noch eine gewisse Sonderstellung in unserem Gesundheitssystem haben. Und es lässt sich mit einiger Sicherheit behaupten, dass alle, die diesen Beruf ausüben, dies mit Leib und Seele beziehungsweise großer Leidenschaft tun. Begleiten sie doch tagtäglich kleine Wesen auf dem wunderbaren, manchmal auch etwas schwierigen Weg ins Leben. 

Überlegungen auf dem Weg in den Hebammen-Beruf

Die Zeit der Schwangerschaft, die Geburt und das anschließende Wochenbett ist bestimmt eine der tiefgehendsten und prägendsten Lebensphasen von Frauen - sowohl körperlich als auch psychisch. Gerade für Erstgebärende eine sehr intensive, manchmal auch belastende Zeit. Wie gut, dass ihnen in dieser Phase eine Hebamme persönlich zur Seite steht, um sie in allen Belangen zu unterstützen.

Zwischen Hebamme und Schwangeren (natürlich auch dem dazugehörigen Kindsvater) sollte bestenfalls ein nahes Verhältnis bestehen, das von Vertrauen geprägt ist. Hebammen geben Frauen Rückhalt, stärken sie, haben ein offenes Ohr für deren Wünsche und Bedürfnisse und stellen ihnen ihre Kernkompetenzen zur Verfügung.

Untersuchungen haben gezeigt, dass eine professionelle und gute Hebammenbetreuung die Zahl an Frühgeburten und medizinischen Eingriffen während der Geburt minimiert, ebenso wie die Klinikaufenthalte. Für viele Frauen (natürlich auch Männer, die dann Entbindungspfleger heißen; zur Vereinfachung wird im Text nur von Hebammen gesprochen) also eindeutig ein Traumberuf. 

Für Hebammen gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, diesen Beruf auszuüben: entweder sie lassen sich in einem Krankenhaus fest anstellen oder sie arbeiten freiberuflich. Eine Festanstellung bietet Sicherheit und festgelegte Arbeitszeiten. Die Arbeit als selbständige Hebamme bietet dagegen viel mehr Selbstbestimmung, gestalterische Freiheit und Flexibilität.

Aber lohnt sich für Hebammen die Freiberuflichkeit heute überhaupt noch? Von allen Seiten kommen immer wieder neue Anforderungen auf freie Hebammen zu. Die enorm hohen Kosten für den notwendigen Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung sind dabei sicherlich die größte Hürde. Sie sind in den letzten Jahren immens gestiegen und werden wahrscheinlich noch weiter steigen.

Dennoch gibt es gute Gründe, sich als Hebamme selbständig zu machen. Um, euch liebe Hebammen den Weg in die berufliche Selbstständigkeit ein wenig zu erleichtern, haben wir die wichtigsten Kriterien über das Hebammen-Dasein an sich und die wesentlichen Anforderungen gesammelt und in diesem Artikel zusammengefasst.

Möchtest du an dieser Stelle gleich noch mehr wissen, findest du hier Alles was du zu Freiberuflichkeit wissen solltest.

Die ersten Schritte 

Wenn du dich als Hebamme selbstständig machst, erhältst du den Status einer freiberuflichen Tätigkeit. Laut Paragraf 18 des Einkommenssteuergesetzes gehört der Hebammenberuf zu den Heilberufen und damit zu den Freien Berufen (Freiberuflichkeit). Das bedeutet, dass du als selbstständig tätige Hebamme kein Gewerbe anmelden brauchst.

Das hat einige Vorteile, denn zum Beispiel reicht für die Steuererklärung eine einfache Einnahme-Überschussrechnung. Zur Anmeldung deiner Tätigkeit musst du dich bei deinem zuständigen Finanzamt melden, dann bekommst du eine Steuernummer und fertig. 

Eine weitere Voraussetzung, um letztlich als freie Hebamme arbeiten zu dürfen, ist eine Berufserlaubnis und natürlich eine Ausbildung. Das kann eine anerkannte Fachausbildung oder auch ein Studium sein. Die Berufserlaubnis beantragst du bei der zuständigen Landesbehörde.

Außerdem musst du die gesundheitlichen Bedingungen erfüllen - wie bei allen anderen Berufen im Gesundheitsbereich auch, musst du dich in regelmäßigen Abständen Untersuchungen beim Gesundheitsamt unterziehen. 

Alle gesetzlichen Regelungen bezüglich des Hebammen-Berufes und der Ausbildung findest du im Gesetz über das Studium und den Beruf von Hebammen (Hebammengesetz - HebG).

Außerdem solltest du, gerade wenn du als freie Hebamme arbeitest, Mitglied in einem Hebammenverband werden, zum Beispiel im DHV (Deutscher Hebammenverband) oder dem BfHD (Bund für Hebammen in Deutschland).  

Unter anderem sind beim DHV folgende Aufgaben und Ziele definiert (aus dem Text des DHV): 

  • "Förderung der beruflichen und wirtschaftlichen Interessen 
  • Fort- und Weiterbildungen 
  • Evaluierung und Qualitätssicherung der Hebammen geleiteten Geburtshilfe
  • Bedarfsgerechte Modifizierung und Akademisierung der Hebammenausbildung
  • Vertretung der Hebammeninteressen gegenüber Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Krankenkassen, sowie gegenüber anderen Berufs- und Standesorganisationen
  • Repräsentation der Hebammeninteressen in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit
  • Mitwirkung bei Gesetzesänderungen, die die Themen Reproduktion, Frauen- und Familiengesundheit und das Leben mit Kindern betreffen
  • Austausch und Vernetzung mit anderen frauenorientierten Verbänden und Organisationen
  • Einflussnahme auf politische Prozesse in Fragen der Frauengesundheit
  • Unterhaltung einer Rechtsstelle
  • Beratung und Unterstützung der Hebammen in allen Bereichen der Hebammenarbeit"

Leistungsbereiche 

Dies ist in Paragraph 1 des HebG geregelt: "Der Hebammenberuf umfasst insbesondere die selbständige und umfassende Beratung, Betreuung und Beobachtung von Frauen während der Schwangerschaft, bei der Geburt, während des Wochenbetts und während der Stillzeit, die selbständige Leitung von physiologischen Geburten sowie die Untersuchung, Pflege und Überwachung von Neugeborenen und Säuglingen".

 

Grundsätzlich ist es ausgebildeten Hebammen also erlaubt folgende Leistungen anzubieten:

  • Geburtsvorsorge, das beinhaltet die Betreuung von Schwangeren sowie die Durchführung der notwendigen Untersuchungen
  • Geburtshilfe, das heißt die Durchführung natürlicher Geburten, Hausgeburten
  • Nachsorge/Wochenbettbetreuung, das beinhaltet die Versorgung und Betreuung von Mutter und Kind in den ersten Tagen/Wochen nach der Geburt, insbesondere Stillberatung und -hilfe
  • Familienbetreuung, insbesondere bei Schwierigkeiten in der Familie, in Sonderfällen ist dies bis zum 1. Lebensjahr möglich, sofern Risiken medizinischer, sozialer oder gesundheitlicher Art vorliegen. Dafür wird allerdings eine Zusatzqualifikation und eine mehrjährige Berufstätigkeit benötigt. Beispiele: Teenagermütter, Familien mit Migrationshintergrund, Frauen/Partner mit psychischen Belastungen oder Suchtproblematik, chronisch kranke Frauen und Frauen mit Gewalterfahrung. 

Ein kontinuierlich wachsender Arbeitsbereich ist die Schwangerschaftsvorsorge in Zusammenarbeit mit Gynäkologen (Praxisgemeinschaften). Auch gibt es nach wie vor die so genannten Geburtshäuser, die von Hebammen (ohne Ärzte) selbständig geleitet und betreut werden.  

Abrechnungsmöglichkeiten

Generell zählen Hebammen-Tätigkeiten als Kassenleistung. Die Vergütung für die Leistungen einer freiberuflich tätigen Hebamme übernehmen also die Krankenkassen, mit denen die Hebammen auch direkt abrechnen. I

n der GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) versicherte Frauen haben einen Anspruch darauf, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes die beratenden Dienste einer Hebamme in Anspruch zu nehmen. Positiv ist, dass die Kassenleistungen in den letzten Jahren stetig erweitert wurden. Wie zum Beispiel Geburten in einem Geburtshaus.  

Auch die PKV (Private Krankenversicherung) übernimmt die Kosten für ausgewählte und definierte Leistungen. Allerdings ist hier zu beachten, dass der Leistungskatalog je nach Anbieter und Tarif variieren kann. 

Zur Abrechnung mit der jeweiligen Kasse muss lediglich ein spezielles Formular, unterschrieben von der Patientin, eingereicht werden. 

Beachte: Die Abrechnungs- bzw. Honorarsätze sind äußert variabel, zum Beispiel bringt die Betreuung einer Geburt natürlich mehr ein als eine Stillbegleitung oder Wochenbettbetreuung.

Grundsätzlich wäre es einer Hebamme auch erlaubt, für Selbstzahler auf Rechnung zu arbeiten. Da aber die Krankenkassen die Kosten übernehmen, gibt es hierfür eigentlich keinen Grund. Außer vielleicht, die Schwangere ist nicht krankenversichert. Aber das ist ein anderes Thema, das an dieser Stelle nicht behandelt wird. 

Gut zu wissen: Auch die Fahrtkosten werden vergütet, meist über eine Pauschale. Das rechnet sich insbesondere in ländlichen Regionen, wo ja doch einige Kilometer mehr gefahren werden. 

Und bedenke: Neben der Büroarbeit bezüglich der Krankenkasse fallen noch weitere Arbeiten an, wie zum Beispiel der Bereich der Dokumentation. Plane also dafür immer ausreichend Zeit ein.   

Arbeitszeiten 

Wenn du dich für den Status einer freiberuflichen Hebamme entscheidest, werden deine Arbeitszeiten entsprechend variieren, je nachdem welche Leistungen du anbietest:

  • Möchtest du vorwiegend Geburten betreuen, musst du dich natürlich gegebenenfalls zu jeder Tages- und Nachtzeit bereit halten. Denn Kinder richten sich in den wenigsten Fällen nach dem berechneten Termin und noch seltener halten sie sich an Arbeitszeiten zwischen 9 und 17 Uhr. 
  • Konzentrierst du dich auf Wochenbettbetreuung, kannst du deine Arbeitszeiten leichter nach deinen Ansprüchen und Bedürfnissen einteilen. 
  • Ebenso ist bei der Familienbetreuung eine flexiblere Einteilung möglich. 

Grundsatzentscheidung

Bei vielen Hebammen stellt sich die Frage, ob sie lieber freiberuflich in eigener Regie oder freiberuflich in einer Klinik arbeiten sollten? Denn es gibt die Möglichkeit, nicht vollständig selbständig zu arbeiten, sondern teilweise für ein Krankenhaus zu arbeiten - viele Kliniken bieten dies an. Für freiberufliche Hebammen besteht die Möglichkeit als so genannte Beleghebamme in einem Krankenhaus tätig zu sein, analog zu Belegärzten. 

Das hat Vor- und Nachteile:

Wenn du für eine Klinik arbeitest, hast du sicherlich weniger Gestaltungs- bzw. Selbstverwirklichungsspielraum, der sich dir in eigener Praxis aber bieten würde. Allerdings musst du dich nicht selber um neue "Kundinnen" kümmern, das bedeutet da hast weniger Aufwand bezüglich Werbung. Trotzdem ist es immer angeraten, für Außenwerbung zu sorgen, damit im Fall der Fälle, zum Beispiel die Klinik streicht diese Möglichkeit oder setzt vermehrt auf Festangestellte, nicht alles wegbricht.

Es gibt aber auch einen Mittelweg, für den sich viele Hebammen entscheiden, quasi eine Kombi-Lösung aus einer mehrtägigen Tätigkeit im Krankenhaus und die restliche Zeit als freie Hebamme in Eigenregie. 

Akquise und Neukundengewinnung

  • Wenn du als Hebamme mit einem Krankenhaus zusammen arbeitest, wirst du den Schwangeren vor Ort zugeteilt. Manche Kliniken erstellen auch Adresslisten sowohl für die eigenen Beleg- als auch für freie Hebammen. So fällt eine Neukunden-Akquise weitestgehend weg. Dennoch hast du gleichzeitig den Aufwand mit den Kliniken, denn du musst dich dort natürlich vorstellen. 
  • Empfehlenswert ist auf jeden Fall eine eigene Website, auf der du dich und deine Angebote bestmöglich präsentierst. Achte auf ein gutes Ranking, damit du (regional) leicht gefunden wirst.
  • Wie in anderen Bereichen kannst du mittels Bewertungsportalen (positives) Feedback generieren. Wenn du dies für dich nutzen möchtest, behalte aber stets das Geschehen  und deine Bewertungen im Auge. Bei positiven Feedback ist alles prima, aber negative Kommentare schaden dir und deinem Ruf. Und das geht schneller als du denkst. 

Tipp: Setze auf jeden Fall auch auf die gute alte Visitenkarte, die zufriedene Kunden weitergeben können. Denn Mundpropaganda ist nach wie vor die beste Empfehlung und Eigenwerbung.

Versicherungen

Die wesentlichste Voraussetzung, den Beruf der Hebamme ausüben zu dürfen, ist der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Die ist unerlässlich für den Fall, dass es bei einer Geburt bzw. bei der Tätigkeit zu Komplikationen und Vorfällen kommt, für die die Betroffenen unter Umständen irre hohe Schadensersatzforderungen oder weitere Leistungen geltend machen können. In den letzten Jahren sind, wie schon angesprochen, die Versicherungsbeiträge enorm gestiegen. Dieses Thema stand einige Zeit ziemlich massiv in der Diskussion und in der Kritik, da eine Berufshaftpflichtversicherung mit teilweise über 6.000 Euro eine enorme finanzielle Belastung für freiberufliche Hebammen bedeutet. Diese Summe muss man erst einmal erwirtschaften und dann ist nur die Versicherung bezahlt. Die Erhöhung hatte leider zur Folge, dass viele Hebammen ihre Selbständigkeit aufgeben und ein Angestelltenverhältnis eingehen mussten, obwohl sie sicherlich lieber in eigener Praxis frei arbeiten würden. Ein weiterer Kostenfaktor ist eine Unfallversicherung, zu der auch dringend geraten wird. Der Grund liegt auf der Hand: Hebammen sind berufsbedingt ziemlich viel unterwegs, meist mit dem Auto. Das Risiko fährt somit immer mit. Darüber hinaus sind freiberufliche Hebammen dazu verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen (Paragraf 2 Nr. 3 SGB VI). Hebammen müssen sich entweder privat krankenversichern, sie können sich aber auch freiwillig als gesetzliches Mitglied versichern lassen. Hebammen, die ein Geburtshaus leiten, müssen für diese Immobilie eine gesonderte Versicherung abschließen. Ausnahme: das Geburtshaus ist an eine Klinik angeschlossen. Ist dies nicht der Fall, ist eine Inventar-Versicherung empfehlenswert, denn vor allem die Geräte sind in der Anschaffung teuer.  

Ausblick

Die Diskussionen um die kostenintensive Berufshaftpflichtversicherung hat dafür gesorgt, den Berufsstand Hebamme zu gefährden. Vor einigen Jahren wurde schon davon gesprochen, dass es freiberufliche Hebammen bald nicht mehr geben wird. Aber das Gute daran ist, Kinder werden immer geboren und es kommt auch in Abständen immer wieder zu einem Geburtenboom.

Festzuhalten bleibt und das ist auch gut so: Viele Frauen ziehen die sehr persönliche und intensive Betreuung durch eine freiberufliche Hebamme den übervollen Arztpraxen oder Kliniken vor. Was dem wunderbaren Berufsstand "selbständige Hebamme" glücklicherweise immer wieder den Rücken stärkt.

Zum Schluss noch einmal kurz zusammengefasst:

  • Hebammen üben gemäß § 18 Einkommenssteuergesetz eine freiberufliche Tätigkeit aus - eine Gewerbeanmeldung ist nicht notwendig
  • der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist Pflicht
  • der erfolgreiche Abschluss einer anerkannten Ausbildung ist Voraussetzung zur Ausübung der Hebammen-Tätigkeit
  • die Hebammen-Leistungen in definiertem Umfang werden sowohl von der GKV als auch der PKV übernommen 
  • das individuelle Leistungsangebot einer Hebamme beeinflusst in starkem Maße ihre individuellen Arbeitszeiten
  • Das A und O fürs Eigenmarketing: eine ansprechende, professionelle Website
  • es besteht eine Rentenversicherungspflicht
  • aber über allen gesetzlichen und weiteren Verpflichtungen steht sicherlich das Wissen, einen sinnvollen und tollen (Herzens-) Beruf ausüben zu dürfen