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Selbstständigkeit

MAIN - Blog Selbständigkeit - "Was Stress bei Selbständigen auslösen kann"

Zuletzt aktualisiert am 2. Juli 2023

22. März 2019

Zugegeben, unser Leben wird immer schnelllebiger. Die Anforderungen steigen. Manchmal müssen immer mehr Dinge in noch weniger Zeit erledigt werden. Dies gilt für den Job genauso wie für das Privatleben. Vor allem aber im Beruf gibt es Tage oder Situationen, die permanenten Einsatz und Höchstkonzentration erfordern. Als Selbstständiger steht man sowieso ständig unter Strom, denn es ist meist noch viel mehr zu bewältigen als in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Weil noch ein wesentliches Mehr an Verantwortung dazu kommt. Dass man da leicht unter Stress gerät, ist also kein Wunder.

Positiver Stress – negativer Stress

Stress an sich muss zunächst aber nichts Problematisches mit sich bringen. Die Psychologie unterscheidet zwischen positivem und negativem Stress. Vom positiven Aspekt ist die Rede, wenn Stress uns leistungsfähig macht. Wenn er uns motiviert und antreibt, quasi wie ein Motor. In grauen Vorzeiten kam Stress aber noch eine ganz andere Bedeutung zu: In bedrohlichen Situationen wurde durch den Ausstoß von Stresshormonen zusätzliche Energie frei gesetzt – ein körperlich instinktiver Zustand, der dazu führte, dass ein Mensch überleben konnte, zum Beispiel beim Jagen. Also, überlebensnotwendig bei einem Kampf oder auf der Flucht.

Kontinuierlicher Stress allerdings kann zu ernsthaften Schwierigkeiten führen. Er erschöpft. Macht krank, depressiv und unglücklich. In Folge dessen nimmt die Leistungsfähigkeit ab. Uns geht im wahrsten Sinne des Wortes der Motor verloren. Wir fühlen uns manchen Stress- aber auch ganz normalen Situationen gegenüber nicht mehr gewachsen.

Als ein Pionier der Stressforschung gilt der österreichische Wissenschaftler Dr. Hans Seyle, der in den 1930igern die Grundlagen der Lehre vom Stress entwickelte. Auf Grund dessen erhielt er auch den Namen „Vater der Stressforschung“ und seine Theorien waren der Beginn moderner Forschung. Eine tiefgehende Grundlage für die Wissenschaft - bis heute. Er entwickelte das Konzept des „Allgemeinen Anpassungssyndroms“ (Selye-Syndrom), das verschiedene Reaktionsmuster des menschlichen Körpers auf andauernde Stressreize beschreibt. Er fand heraus, dass der Körper auf bestimmte Stressreize unterschiedliche Reaktionen zeigt. Dabei wurde deutlich, dass zwar zuerst eine Leistungs- und Energiesteigerung (z.B. Flucht) stattfindet - hört der Stress allerdings nicht auf, er zu körperlichen Schäden unterschiedlichster Ausprägungen führt.

Unsere Anforderungen wachsen permanent

Was Forschungen heute leider immer wieder belegen, Burnout-Syndrome, psychische Zusammenbrüche oder die Entwicklung von Angstzuständen bis hin zu Panikattacken und chronischer Erschöpfung bei Berufstätigen nehmen seit Jahren stetig zu. Bei Gründern und Selbständigen ist der Anteil an Betroffenen extrem hoch. 16 Stunden Arbeitstage sind Realität, genauso wie die Arbeit am Wochenende oder mal eben der Einschub von Nachtschichten. Klar, für eine gewisse Dauer lässt sich so ein Pensum sicherlich bewältigen. Doch auf Dauer? Es kommt natürlich immer auf den Menschen und die jeweilige Situation an, außerdem wie es um seine Konstitution bestellt ist und wie er mit Stress umgehen kann. Es gibt Menschen, die können das besser adaptieren als andere.

Aber Fakt ist: Für jeden, der dauerhaftem Stress ausgesetzt ist, kann dies zum Teil erhebliche gesundheitliche und psychische Konsequenzen haben. Wie zum Beispiel ein Burnout (bekannt geworden 1974 durch den Psychoanalytiker Herbert Freudenberger). Hohe Arbeitsbelastung in Zusammenhang mit hohem persönlichen Engagement führten seiner Meinung nach dazu, dass manche Menschen oder auch spezielle Berufsgruppen besonders leicht „ausbrennen“ können. Leider ist das Burnout-Syndrom bei Krankenkassen heute noch immer kein anerkanntes Krankheitsbild, dennoch gilt es als eine der wichtigsten Zivilisationskrankheiten unserer Zeit.

Als Burnout wird meist ein Zustand totaler geistiger, seelischer und/oder körperlicher Erschöpfung bezeichnet. Menschen, die davon betroffen sind, sagen dann zu Beispiel „ich kann nicht mehr“, „ich schaffe das nicht mehr“, „ich kann keine Menschen um mich herum ertragen“ oder „ich kann mich zu nichts mehr aufraffen“. Erste, generelle bzw. konkrete Hinweise für einen beginnenden Burnout könnten sein:

  • Schlafstörungen
  • Tinnitus
  • verminderte Konzentrationsfähigkeit & Vergesslichkeit
  • Leistungsabfall
  • Schmerzen im Kopf, Nacken, Rücken, Magen & Verdauung
  • erhebliche Stimmungsschwankungen, Depressionen
  • Kein Gefühl der Entspannung, nicht abschalten können
  • Gefühl der absoluten Überforderung

Aber: Nicht jeder, der mal schlecht schläft oder sich zeitweise erschöpft oder gereizt fühlt, ist automatisch von einem Burnout betroffen. Phasen hoher Arbeitsbelastung oder hohem Druck sind für Freiberufler von Zeit zu Zeit einfach unerlässlich. Nach einer Erholungspause solltest du dich dann aber wieder fit fühlen. Da die Übergänge aber oft fließend oder schleichend sind, solltest du bei länger anhaltenden Symptomen auf jeden Fall adäquat reagieren und dir Hilfe suchen bzw. entsprechende Maßnahmen ergreifen. Vor allem Freiberufler sind durch Stress besonders gefährdet, da zu den „normalen“ berufsbedingten Stressfaktoren noch ein Mehr an Belastungen hinzukommt. Das können zum Beispiel sein:

  • hohe Verantwortung
  • man muss sich ständig selbst motivieren
  • hohe Selbstdisziplin erforderlich
  • hoher Druck (aus Angst einen Folgeauftrag nicht mehr zu bekommen, muss man immer schneller sein...)
  • ausbleibender Erfolg bzw. Auftragsflaute
  • der ständige Kampf um genügend Aufträge
  • lange Arbeitszeiten, auch abends, nachts oder am Wochenende
  • auf Grund der langen Arbeitszeiten, wenig soziale Kontakte möglich
  • unter Umständen nervige, lang andauernde Kundenverhandlungen
  • unzufriedene Kunden
  • das Gefühl ständig erreichbar sein zu müssen
  • Doppelbelastung Beruf und Familie

Aber nicht nur ein Burnout zählt zu den Krankheitssymptomen, unter denen Selbständige häufig leiden. Auch Panikattacken oder Angstzustände können auftreten. Auch hier geht die Zahl der Fälle stetig nach oben. Falls du davon betroffen sein solltest, nimm die Anzeichen nicht auf die leichte Schulter. In vielen Fällen lassen sie sich sicherlich allein lösen. Doch in den meisten Fällen kommst du auch hier nicht um professionelle Hilfe und / oder geeignete Heilansätze herum.

Für Selbständige ist es oft existenzbedrohend

Während man sich als Arbeitnehmer krank schreiben lassen kann und dann für eine gewisse Zeit sein Gehalt weiter bekommt, haben diese Möglichkeit Freiberufler nicht. Fallen diese mehrere Wochen aus, wird das schnell existenzbedrohend, weil kein Einkommen da ist. Das ist schon belastend genug. Dazu kommt aber noch die Angst, seine Arbeitsgrundlage (Kunden, Auftraggeber) oder das, was man sich als Gründer vielleicht gerade mühevoll aufgebaut hat, zu verlieren und dann nach der Krankheit wieder bei Null anfangen zu müssen. Kommen Freiberufler in eine solche Situation, arbeiten sie deswegen häufig noch mehr. Bis sie unweigerlich irgendwann komplett zusammenbrechen. Soweit solltest du es aber niemals kommen lassen. Das schwierigste für viele Selbständige ist, sich einzugestehen, dass etwas nicht stimmt. Zuzugeben, dass sie überfordert sind, eine Auszeit bräuchten oder nicht mehr können, fällt den meisten unendlich schwer, da es einer Niederlage gleicht. Und wenn sie es endlich zugeben, dann ist das Kind meist schon längst in den Brunnen gefallen.

Vergiss nicht: Du bist keine Maschine

Wir sind Menschen und keine Maschinen. Wenn dein Computer mal abstürzt, gibt es den „Reset-Knopf“ und meist läuft dann alles wieder. So einfach funktioniert das bei uns Menschen nicht. Und je fortgeschrittener das Stadium deiner Erschöpfung ist, desto aufwändiger ist die „Reparatur“.

Wenn du also merkst, irgendetwas stimmt nicht, sollte der erste Schritt immer sein, einen Gang runter zu schalten bzw. die Bremse zu ziehen. Denn befindest du dich erst einmal in dem Teufelskreislauf eines beginnenden Burnouts, wird es immer schwieriger ihn aus eigenen Kräften auch wieder zu verlassen.

Entspannung, frische Luft und viel Bewegung - das alles kannst du für dich tun

Ruhe- und Entspannungsphasen: Lege regelmäßig Pausen ein. Das können feste Zeiten am Tag sein, oder regelmäßige Auszeiten. Gehe am besten viel an die frische Luft oder nutze die Zeit für Atem- und Entspannungsübungen. Yoga ist auch eine prima Methode, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Außerdem tust du gleichzeitig etwas für deine Knochen, Muskeln und Gelenke. Schalte währenddessen am besten dein Smartphone etc. aus. Es ist auch ratsam, nach deinem frei gewählten Feierabend und an freien Wochenenden nicht erreichbar zu sein.

Zeit für den Partner/Familie/Freunde einplanen: Richte dir regelmäßig deine so genannte „Quality Time“ ein - die Zeit, die du mit Freunden, deinem Partner oder der Familie verbringst. Oder in der du tust, was dir Spaß macht.

Gesunde Ernährung: Achte darauf, regelmäßig und gesund zu essen. Baue immer Gemüse und Obst in deinen Ernährungsplan ein und verzichte auf Junkfood oder Fertiggerichte. Viele Freiberufler neigen dazu, weil die Zeit knapp ist, aber auf Dauer bekommst du nicht genügend wichtige Nährstoffe, die dir bei hoher Arbeitsbelastung dann extrem fehlen.

Bewegung: Studien belegen es, Sport ist bei der Bewältigung von Stress, Depressionen und auch Burnout mit das beste Instrument zur Heilung. Ausdauersport wie Joggen und Radfahren eignen sich besonders gut. Aber eigentlich kannst du alles wählen, was du gerne tust. Und das gute an Sport ist, dass er nicht nur hervorragend hilft, wenn die Krankheitssymptome bereits da sind: Prof. Dr. Reinhard Fuchs, Sportpsychologe der Universität Freiburg, hat herausgefunden, dass Sport auch das probateste vorbeugende Mittel gegen Stress und den damit verbundenen Krankheiten ist.

Genug Schlaf: Achte immer auf ausreichend Schlaf. Wer ständig zu wenig davon bekommt, ist noch anfälliger für psychische und seelische Krankheiten. Leidest du unter stressbedingten Schlafstörungen, gibt es viele gute Entspannungs-, Atem- und Meditationsübungen, die du vor dem Einschlafen durchführen kannst.

Zeit realistisch einteilen: Wer zu viele Termine macht, sich zu hohe Ziele setzt etc., der kommt irgendwann automatisch in Stress. Wird das Pensum zu hoch und das noch über einen zu langen Zeitraum, kann man den ganzen Aufgaben nicht mehr gerecht werden. Wichtig also: vorausschauende Planung mit klaren Zeitvorgaben und Prioritäten.

Augen, Nacken und Rücken entspannen: Wer viel am Computer sitzt, hat sehr häufig mit Verspannungen zu tun. Die Augen sind permanent angestrengt, der Kopf fängt irgendwann an zu brummen. Deswegen ist es wichtig, zwischendurch alles zu entspannen. Dehnübungen für den Rücken und Nacken oder ein kleiner Spaziergang im Freien sind super. Auch die Augen brauchen Entspannung, dazu den Blick vom Bildschirm nehmen und am besten aus dem Fenster schauen und den Blick schweifen lassen. Oder die Augen für einen Moment schließen und ein paar Mal tief ein- und ausatmen.

Bei anhaltenden und massiven Schwierigkeiten und körperlichen oder seelischen Problemen, solltest du auf jeden Fall immer einen Arzt deines Vertrauens aufsuchen.