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Selbstständigkeit

MAIN - Blog Selbständigkeit - "Wie du in der Baubranche in die Selbständigkeit startest"

Zuletzt aktualisiert am 2. Juli 2023

Nina Sickinger

Freelance Editor

28. Jan. 2021

Die Baubranche bzw. das Bauhandwerk steht trotz der momentanen Corona-Situation und all den damit verbundenen Einschränkungen ganz gut da. Und weil diese Branche so vielschichtig ist, bietet sie mit ihrer hohen Anzahl an verschiedenen Gewerken zudem auch gute Chancen für eine selbständige Tätigkeit. Unter einem Gewerk versteht man laut Definition auf Wikipedia alle "handwerklichen und bautechnischen Arbeiten im Bauwesen." 

Für eine Existenzgründung im Baugewerbe beziehungsweise im Bauhandwerk bestehen mehrere Voraussetzungen: Neben dem fachlichen Können, erworben in einer abgeschlossenen handwerklichen Ausbildung, ist auch mehrere Jahre Berufserfahrung erforderlich. Darüber hinaus gibt es weitere Anforderungen, die berücksichtigt und nötige (bürokratische) Formalitäten, die erledigt werden müssen. In diesem Blogartikel haben wir für dich die wichtigsten Aspekte gesammelt. Allerdings konzentrieren wir uns vorwiegend auf die ausbildungsrelevanten, handwerklichen Berufe und nicht auf die Studiengänge.

Wie sich das Baugewerbe definiert

In einer Begriffserklärung heißt es: "Die Bauwirtschaft (auch Baugewerbe, Bauhandwerk) ist ein  Wirtschaftszweig, im dem Planungs-, Ausführungsleistungen und Veränderungen an Gebäuden durchgeführt werden". Bauunternehmen verschiedenster Gewerke sind die Träger des Baugewerbe. Das Baugewerbe (auch Bauhandwerk, Bauwirtschaft) zählt zu einem sehr wichtigen Industriezweig. 

In der Vergangenheit wurde diese Branche über viele Jahre hinweg in drei Bereiche aufgegliedert:

  • in das Bauhauptgewerbe (überwiegende Ausführung von Arbeiten im Bereich Rohbau)
  • in das  Baunebengewerbe (Tätigkeiten im Bereich Ausbau)
  • in das Bauhilfsgewerbe (Vorarbeiten). 

Weil sich diese Einteilung über einen ziemlich langen Zeitraum etabliert hatte, werden diese drei Bereiche auch heute noch gerne verwendet und so tituliert, was allerdings nicht korrekt ist. Auf Grund einer Neustrukturierung und Neuregelung auf europäischer Ebene gilt nun eine Aufteilung in 5 Bereiche. Und zwar in:

  • vorbereitende Baustellenarbeiten
  • Hoch- und Tiefbau
  • Bauinstallation
  • sonstiges Baugewerbe 
  • Vermietung von Baumaschinen

Weitere und feinere Unterteilungen machen ebenfalls Sinn, da Unternehmen im Baugewerbe in der Regel auf bestimmte Arbeitsbereiche spezialisiert sind. Hier wird zum Beispiel unterschieden in Tiefbau, Grundbau, Garten- und Landschaftsbau, Hochbau, Wasserbau, Tunnel- und Brückenbau sowie Straßenbau. Darüber gibt es auch eine Einteilung unter anderem in Holzbau, Stahlbau, Massivbau oder Trockenbau.

Und wer eine Tätigkeit in einem ganz bestimmten Aufgabenfeld anstrebt, hat unter anderem die Wahl zwischen Bauschlosser, Gerüstbauer, Gas- und Wasserinstallateur, Tischler bzw. Schreiner oder Zimmerer, Stuckateur, Haustechniker, Fliesenleger oder Maler und Lackierer. In all diesen Bereichen kannst du dich unter bestimmten Voraussetzungen selbständig machen beziehungsweise ein eigenes Unternehmen mit oder ohne Angestellten gründen. 

Hier gilt es zu beachten:  Willst du ein Baugewerbe-Unternehmen gründen, bist du - je nach Umfang der zu erbringenden Leistungen - entweder ein Fachunternehmer, ein Generalunternehmer oder ein Totalunternehmer. Möchtest du dich mit deiner Firma zum Beispiel auf das Verlegen von Fliesen oder auf Dachdeckerarbeiten spezialisieren, gründest du ein Fachunternehmen. Möchtest du verschiedene Bauleistungen anbieten und auch Aufträge an Subunternehmen vergeben, gründest du ein Generalunternehmen.

Als klassischer Bauunternehmer, der nicht nur den Bau ausführt, sondern auch dessen Planung übernimmt, gilt der Totalunternehmer. Das hat Vorteile für den Bauherren, da er dann nicht für Planung und Koordination auf dem Bau (der einzelnen Gewerke) zuständig ist, sondern es in den Händen des Totalunternehmers liegt. Hier ist aber zu beachten, dass  es in Deutschland für die Übernahme von Planungstätigkeiten sehr strenge Gesetze gibt. Hier gilt: 

Planungen, die eine Genehmigung benötigen, dürfen nur von so genannten Bauvorlageberechtigten eingereicht werden. Dazu zählen Architekten (müssen Mitglied in der Architektenkammer sein) und Bauingenieure (müssen Mitglied in einer Ingenieurkammer und zusätzlich in der Liste der bauvorlageberechtigten Ingenieure eingetragen sein).

In einigen Bundesländern werden häufig auch kleine Bauvorlageberechtigungen für Handwerksmeister genehmigt. Diese dürfen dann beispielsweise Pläne für Häuser mit maximal zwei Wohneinheiten und 200 m² Wohnfläche und eingeschossige Gewerbe-Gebäude mit höchstens 200 m² Geschossfläche und 3 m Wandhöhe einreichen. Auch Garagen mit maximal 200 m² Nutzfläche und kleinere landwirtschaftliche Betriebsgebäude zählen zu diesen Ausnahmeregelungen, die allerdings in jedem Bundesland unterschiedlich sind. 

Fachliche Qualifikationen und weitere Voraussetzungen

Für eine Selbständigkeit im Baugewerbe/Bauhandwerk/in der Baubranche benötigst du als erste Voraussetzung eine abgeschlossene Berufsausbildung in deiner individuellen Fachrichtung oder ein Studium. Zusätzlich gegebenenfalls weitere Qualifikationen und auf jeden Fall praktische Berufserfahrung (am besten mehrere Jahre). Um die sehr komplexen Inhalte in dieser Branche zu verstehen, bedarf es detailliertem und fundiertem Wissen, sowie betriebswirtschaftlicher und kaufmännischer Kenntnisse.

Vor einer Existenzgründung sind auch immer diese Fragen unerlässlich: Wie ist deine finanzielle Situation? Verfügst du über ausreichend Kapital oder brauchst du einen Kredit? Denn: Eine Selbstständigkeit in der Baubranche ist immer mit Kosten für Geschäfts- und Büroausstattung, Werkzeug, Fahrzeuge, Werkstatt, Lagerhalle etc. verbunden und das kann schnell recht teuer werden.

Falls du einen Kredit beantragen bzw. eine Förderung in Anspruch nehmen möchtest/musst, benötigst du einen professionellen Business Plan, in dem alle wichtigen Fakten enthalten sein müssen, wie zum Beispiel die zu tätigenden Investitionen, die Finanzierungsmöglichkeiten, deine Ziele, Strategien und eine Umsatzprognose. Außerdem kannst du hier etwas zum Thema Existenzgründung lesen Steuerbasis für den Start in deine Selbstständigkeit

Für welche Tätigkeiten brauche ich einen Meisterbrief ?

Hier wird in zulassungspflichtige und zulassungsfreie Handwerke unterschieden. Für viele der zulassungspflichtigen Handwerke ist der Meisterbrief laut Handwerksordnung (HwO) verpflichtend, um sich selbstständig machen zu können. Das hat einen einfachen, aber sehr triftigen Grund: Bei diesen Handwerken geht es um Berufe, die so genannte „gefahrengeneigte und ausbildungsintensive“ Tätigkeiten beinhalten und dementsprechend eine professionelle Ausbildung und Ausübung voraussetzen.

Das bedeutet konkret: In diesen Berufen kann eine fehlende fachliche Kompetenz oder eine unsachgemäße Ausübung der Arbeiten für den Kunden mit unter Umständen großen Gefahren einhergehen, im schlimmsten Fall könnten Personen verletzt oder sogar getötet werden. Das heißt auch, je höher der Grad der Gefahrenlage deines Gewerbes ist, desto unerlässlicher ist ein Meisterbrief, der sozusagen immer auch ein Qualitäts- und Gütesiegel darstellt. In Bezug auf die zulassungspflichtigen Handwerke ist und bleibt er verpflichtend.

Bei den zulassungsfreien Handwerken gibt es diese Pflicht zwar nicht, du kannst einen Meistertitel aber natürlich freiwillig erwerben. Denn auch hier ist er für deine eigene Firma sinnvoll, weil es deine Kompetenzen nach außen hin unterstreicht und Vertrauen beim Kunden schafft, der ja viel (und auch Geld) in deine Hände legt. 

Übrigens: Um einen Meisterbrief zu erwerben, musst du nach deiner Ausbildung die Meisterprüfung ablegen. Für die Zeit bis dahin braucht es circa zwei bis drei Jahre. Die Prüfung selbst besteht aus vier Abschnitten: dem praktischen Teil, der meist deinen gewählten Schwerpunkt beinhaltet, der Fachtheorie, der betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse sowie berufs- und arbeitspädagogischer Kenntnisse. Abzulegen ist die Prüfung vor dem Meisterprüfungsausschuss, der aus jeweils fünf Mitgliedern besteht und der durch die zuständige Handwerkskammer gestellt wird. 

Fazit: In der Handwerksordnung ist also festgeschrieben, wie die Handwerksberufe und die Meisterpflicht im Handwerk geregelt sind und welche Zulassungsvorschriften und -beschränkungen dafür bestehen. Je nach deiner beruflichen Qualifikation und angestrebter Tätigkeit brauchst du für eine Selbständigkeit entweder einen Meistertitel oder nicht. 

Einen Meistertitel (also zulassungspflichtig) benötigst du unter anderem für diese Bereiche (geregelt in der Anlage A der Handwerksordnung): 

Dachdecker, Gerüstbauer,  Trockenbauer, Ofen- und Luftheizungsbauer, Maurer, Betonbauer, Dachdecker, Tischler oder Zimmerer,  Maler und Lackierer. 

Es gibt aber Ausnahmen, die dich von einer Meisterpflicht entbinden. Geregelt ist dies in der Handwerksordnung in den §§ 7 und 8: "Eine Ausnahmebewilligung kann beantragt werden, wenn ein Ausnahmegrund vorliegt und meisterähnliche Kenntnisse und Fertigkeiten im beantragten Handwerk sowie im kaufmännischen und allgemein-rechtlichen Bereich nachgewiesen sind."

Das bedeutet, wenn du zum Beispiel Ingenieur, Industriemeister oder geprüfter Techniker bist, weil du dann nachweislich über die entsprechenden Qualifikationen verfügst. Eine weitere Ausnahme ist, wenn du in deiner Firma "nur" die Funktion des Geschäftsführers inne hast. Parallel bist du dann aber verpflichtet, einen Handwerker mit Meistertitel als Betriebsleiter einzustellen. 

Keinen Meistertitel (also zulassungsfrei) brauchst du unter anderem (geregelt in der Anlage B1 der Handwerksordnung): Estrich- oder Fliesenleger, Platten-, Mosaik- oder Parkettleger. Ebenfalls die in Abschnitt B2 aufgeführten, so genannten handwerksähnlichen Gewerbe erfordern keinen Meistertitel. Hierzu gehören unter anderem das Bautrocknungsgewerbe, das Holz- und Bautenschutzgewerbe oder der Einbau von Fenstern und Türen. 

Zulassungsfrei ist auch, wenn du mit deiner Baufirma selbst zum Beispiel nur diejenigen Arbeiten anbietest, für die kein Meisterbrief erforderlich ist. Dann darfst du zwar kein Gebäude errichten, es aber entkernen, sowohl innen als auch außen renovieren und Trockenbaumaßnahmen vornehmen. Des weiteren benötigst du für Tätigkeiten im Garten- und Landschaftsbau oder bei Übertragung bestimmter handwerklicher Tätigkeiten/Gewerke an Sub- oder Partnerfirmen keinen Meistertitel. 

Weitere Informationen zu diesem umfassenden Thema erhältst du in deiner Gemeinde beziehungsweise Stadt, in der du deine Firma gründen möchtest. Dort gibt es Listen mit sämtlichen  Tätigkeitsbereichen und Aufgaben, die du ohne Meisterbrief ausführen kannst. Da dies regional unterschiedlich geregelt ist und die Sachverhalte oft nicht gänzlich klar oder sogar strittig sind, solltest du dich gut informieren.

Diesen Schritt solltest du sowieso schon vor der Existenzgründung tun, um dein Unternehmen von Anfang an auf ein solides Fundament zu bauen. Denn wenn du zu spät beispielsweise feststellst, dass du einen Meisterbrief bräuchtest, hast du kostbare Zeit und eventuell auch Geld verschenkt. 

Möglichkeiten im Baugewerbe und was du dafür noch tun musst

Die Möglichkeiten im Baugewerbe sind vielfältig und sollten sich stets nach deiner fachlichen Qualifikation, deinen individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten, deiner angestrebten Tätigkeit (die ja im Wesentlichen von den vorgenannten Punkten abhängig ist) und natürlich der allgemeinen Marktlage in der Baubranche und der Lage an deinem Standort (dort wo deine Firma ansässig sein soll, falls du nicht als selbständiger Handwerker oder Baufachmann reisen willst) richten. 

Wenn es dann soweit ist, gehören natürlich auch Behördengänge dazu: Du musst dich bei deiner zuständigen Handwerkskammer melden. Dort wird deine Firma eingetragen: entweder in die Handwerksrolle, wenn du als Selbstständiger meisterpflichtige Handwerkstätigkeiten ausübst oder in das Verzeichnis zulassungsfreier Handwerke beziehungsweise handwerksähnlicher Gewerbe.

Anschließend bekommst du die so genannte Handwerkskarte, mit der du automatisch Mitglied der Handwerkskammer wirst und die übrigens immer deine erste Anlaufstelle ist, wenn du zum Beispiel Fragen bezüglich deiner Existenzgründung etc. hast. Auch bei rechtlichen Fragen steht dir die Handwerkskammer zur Seite. Dort gibt es auch (kostenlose) Kurse für angehende Selbstständige im Bauhandwerk bzw. Baugewerbe. 

Darüber hinaus musst du eine Gewerbeanmeldung (Aufnahme deiner Firma in das Gewerberegister) in der Gemeinde- oder Stadtverwaltung, in dessen Einzugsbereich deine Firma liegt, vornehmen. Dazu musst du deine Handwerkskarte vorlegen. Danach geht alles seinen Gang: Das Gewerbeamt informiert dein zuständiges Finanzamt, die Berufsgenossenschaft und weitere Behörden über deine Selbstständigkeit im Bauhandwerk.

Gut zu wissen: Neben der Handwerkskammer als Anlaufstelle bei Fragen oder Schwierigkeiten, gibt es einige Verbände, die ebenfalls Unterstützung bieten. Zum Beispiel der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) der mittelständischen Bauunternehmen zur Seite steht. Oder der Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH), der Ansprechpartner für alle handwerklich Tätigen ist.  

 

Übrigens: Wie oben schon erwähnt, benötigst du zur Eintragung in die Handwerksrolle in der Regel einen Meisterbrief. Auch hier gibt es noch eine weitere Ausnahme (neben den ebenfalls oben schon erwähnten): Wenn du über genügend Berufserfahrung im Sinne der so genannten "Altgesellen-Regelung" verfügst oder wenn in deiner Firma mindestens ein Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle besitzt.

Welche Rechtsformen in Frage kommen

Das sind die klassischen Rechtsformen für deine Firma im Bau- bzw Handwerksgewerbe:

  • Das Einzelunternehmen ist die einfachste Form. Hier benötigst du kein Stammkapital, bist aber alleine mit deinem gesamten Privatvermögen haftbar. 
  • Eine Unternehmergesellschaft ist eine Unterform der GmbH. Hier musst du nur einen Euro an Stammkapital einlegen, haftest aber trotzdem nur mit dem Betriebsvermögen. Die Voraussetzung dafür ist aber, so lange Rücklagen zu bilden, bis ein Stammkapital von 25.000 Euro angespart ist.  
  • Die GmbH, bei deren Gründung du von vornherein ein Stammkapital von 25.000 Euro aufbringen musst. Hier ist die Haftung mit dem Privatvermögen im Schadensfall ausgeschlossen.

Noch ein Wort zum Schluss: Bei allen Unternehmensgründungen - egal in welcher Branche und in welchem Berufsfeld - ist der Abschluss der entsprechenden Versicherungen immer dringend zu empfehlen. Dazu zählt zum Beispiel die Berufshaftpflichtversicherung und auch eine Unfallversicherung macht Sinn. Eine optimale Krankenversicherung ist natürlich ebenfalls ein Muss. Lass dich dazu ausführlich von einem Fachmann beraten und schau auch mal hier: Versicherungen für deine Selbstständigkeit im Überblick.