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Selbstständigkeit

MAIN - Blog Selbständigkeit - "Krank werden als Selbständiger – Wie steht es um meine Existenz?"

Zuletzt aktualisiert am 5. Juli 2023

Annemarie Cornus

Freelance Editor

22. März 2019

Selbstständig sein ist super! Zumindest wenn alles glatt läuft: Die Kunden sind da, Projekte laufen wie am Schnürchen, das Einkommen ist absolut zufriedenstellend. Wem es als Selbstständiger oder Freiberufler so geht, der wünscht sich höchst selten in ein Angestelltenverhältnis zurück. Das Risiko schwankender Einnahmen ist kalkulierbar und wird für die Freiheit, sein eigener Chef zu sein, gerne in Kauf genommen. Zumindest wenn ich aus meinen Erfahrungen als freie Texterin sprechen darf.

Und doch gibt es eine Zeit, in der es für Selbstständige kritisch werden kann: Im Falle einer Erkrankung. Dabei ist es ganz egal, ob man einfach nur ein paar Wochen wegen einer hartnäckigen Grippe außer Gefecht gesetzt ist, oder ob man mit einer sehr ernsthaften Erkrankung zu kämpfen hat, die einen für Monate oder gar Jahre außer Gefecht setzt.

Ob nun ein paar Wochen, Monate oder sogar Jahre: In allen Fällen muss man mit drastischen oder gar kompletten Verdienstausfällen rechnen. Ich selbst war zum Glück in meiner bisherigen Freiberufler-Laufbahn nie lange oder schlimm erkrankt. Aber selbst wenn man mit dickem Kopf und Fieber für einige Tage im Bett liegt, tut das nicht nur körperlich, sondern auch finanziell weh.

Damit du als Selbstständiger oder Freelancer niemals selbst in diese Situation kommst, solltest du dich frühzeitig für den Krankheitsfall absichern. Und dafür gibt es verschiedene Wege. Einige möchte ich dir heute in diesem Blogartikel vorstellen.

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Krankentagegeld – Bringt dich erstmal über die Runden

Wenn du dich beim Start in die Selbstständigkeit für die freiwillige gesetzliche Versicherung entschlossen hast, hast du die Wahl: Entweder du zahlst einen ermäßigten Beitrag. Oder du entscheidest dich für die Zahlung des normalen Satzes. In diesem Fall hast du ab dem 43. Tag deiner Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf ein gesetzliches Krankengeld . Das Problem: Bis zum 43. Tag bist du auf deine Ersparnisse angewiesen. Denn bis zu diesem Zeitpunkt würde eigentlich dein Arbeitgeber zahlen – und der bist nun mal du.

Einige gesetzliche Krankenkassen bieten allerdings sogenannte Wahltarife an. Je nach Krankenkasse kann man sich sein Krankengeld dann bereits früher (in der Regel frühestens ab dem 15. Tag) auszahlen lassen. Natürlich steigt dein Beitrag für das Krankentagegeld, umso früher du dir dieses auszahlen lassen möchtest. Du musst also für dich kalkulieren, wie lange du gut von deinen Rücklagen leben kannst und ab wann du im worst case auf finanzielle Unterstützung angewiesen bist.

Die Höhe des Krankengelds ist in den Wahltarifen ebenfalls variabel wählbar. Auch hier gilt: Umso höher das Krankengeld, desto höher der Beitrag, den du dafür zahlst. Allerdings darf die Höhe des Krankengelds nicht die Höhe deines Nettoeinkommens übersteigen. Manche Krankenkassen deckeln aber bereits früher und decken nur einen gewissen Prozentsatz des Nettoeinkommens ab. Oder sie zahlen maximal eine konkrete Summe pro Tag aus.

Wenn du privat versichert bist

Das gleiche Spiel kann man auch als Privatversicherter spielen. Hier muss man allerdings die Krankentagegeld-Versicherung extra abschließen. Und nicht nur das: Man muss im Krankheitsfall auch nachweisen können, dass man seinen Job in keiner Weise ausführen kann. So wird einem Berater zugemutet, seinen Job auch mit gebrochenem Arm zu erledigen – schließlich kann er ja weiter beraten. Wenn du also privat versichert und eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hast (was nur zu empfehlen ist!), sieh zu, dass du im Krankheitsfall ein Attest bekommst, das definitiv belegt, dass du deinen Job nicht erledigen kannst.

Wenn aus Wochen Monate werden: Berufsunfähigkeitsversicherung

Das Krankentagegeld ist also eine gute Möglichkeit, um erst einmal über die Runden zu kommen. Das Problem: Die Leistungsdauer ist begrenzt. Meist bewegt sich die Dauer der Zahlungen im Krankheitsfall zwischen 26 und 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Im Fall einer Grippe eine super Sache. Doch wenn man – auch wenn man nicht daran denken möchte – von Krebs oder einer anderen schwerwiegenden Erkrankung betroffen ist, reicht das nicht aus.

Wer länger erkrankt, ist auf eine weitere Versicherung angewiesen. Etwa die Berufsunfähigkeitsversicherung, kurz: BU . Berufsunfähigkeit liegt dann vor, wenn du bereits seit sechs Monaten deiner Tätigkeit aufgrund einer schweren Krankheit oder Verletzung nicht mehr nachgehen kannst. Die BU springt also quasi dann ein, wenn das Krankentagegeld nicht mehr gezahlt wird.

Das Gute ist: Die BU zahlt auch bei vorübergehender Berufsunfähigkeit. Sprich, wenn eine Genesung in Aussicht steht.

Arbeiten ist noch begrenzt möglich: Erwerbsminderungsrente

Wenn du noch eingeschränkt in der Lage bist zu arbeiten (also etwa drei Stunden täglich, als die sonst üblichen acht), kann die Erwerbsminderungsrente ein wahrer Segen sein. Sie zahlt allerdings frühestens nach sechs Monaten Krankheit. Ihre Höhe orientiert sich am zuletzt verdienten Nettoeinkommen. Wenn du weniger als drei Stunden täglich arbeiten kannst, zahlt sie den vollen Betrag. Bist du in der Lage, zwischen drei und sechs Stunden zu arbeiten, bekommst du noch die Hälfte deiner Erwerbsminderungsrente.

Damit du die Erwerbsminderungsrente in Anspruch nehmen kannst, musst du einige Voraussetzungen erfüllen: Zunächst muss deine Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt attestiert werden. Zudem musst du mindestens fünf Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt haben und die letzten drei Jahre vor der Erwerbsminderungsrente deine Pflichtbeiträge gezahlt haben.

Wenn du diese Voraussetzungen erfüllst und noch in der Lage bist, in begrenztem Umfang zu arbeiten, ist die Erwerbsminderungsrente eine tolle Ergänzung zu deinem Krankentagegeld, das nach einigen Monaten nicht mehr ausgezahlt wird.

Das ganze Geld ist weg: Wer kann noch helfen?

Das Krankentagegeld wird nicht mehr gezahlt, eine BU wurde nicht abgeschlossen, die Erwerbsminderungsrente steht nicht zu und das Privatvermögen ist aufgebraucht? Absoluter Super-GAU. Dann hilft nur noch der Gang zum Arbeitsamt und das Stellen eines entsprechenden Antrags auf Arbeitslosengeld II. Ja, auch Selbstständige haben Anspruch auf diese Unterstützung. Die Voraussetzungen: Man muss mindestens 15 Jahre alt sein, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD haben, sich vor dem Renteneintritt befinden, drei Stunden täglich arbeiten können – und natürlich von seinem aktuellen Einkommen und Vermögen nicht leben können. Wer also selbstständig ist und wegen Krankheit zu wenig verdient, um seinen Lebensunterhalt (sprich: Miete, Versicherungen, Essen und Co.) zu bestreiten, der hat Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Und was ist mit den Kunden?

Egal wie lange du erkrankst: Deine Kunden werden nicht ewig auf dich warten. Einige werden dir ein paar Monate Zeit geben. Andere sind auf deine regelmäßige Unterstützung angewiesen und werden sich andere Freelancer oder Selbstständige suchen, selbst wenn du nur wenige Wochen ausfällst.

Wenn du nach deiner Krankheit wieder voll in das Daily Business starten möchtest, musst du also damit rechnen, dass einige – wenn nicht sogar alle – deiner Kunden verschwunden sind. Allerdings gibt es Mittel und Wege, seinen Kundenstamm bei Laune zu halten, damit er einem letztendlich doch erhalten bleibt.

So gehst du mit deinen Kunden im Krankheitsfall um

  1. Informiere deine Kunden rechtzeitig über deine Erkrankung. Im Fall einer Erkältung oder Grippe haben viele Kunden Verständnis und sind bereit, die Deadline nach hinten anzupassen. Wichtig ist nur, dass du frühzeitig Bescheid gibst und nicht erst am Tag der Deadline eine Information gibst, dass du nicht liefern kannst. Wenn du dagegen längerfristig erkrankt sein wirst, biete deinen Kunden eine Alternative: Vermittle Sie an einen anderen Selbstständigen oder Freiberufler, der dein Projekt weiterführen kann.
  2. Richte ein virtuelles Sekretariat ein. Dieses nimmt für dich deine Kundenanfragen an und beantwortet sie. Sowohl telefonisch als auch per E-Mail. Das Gute ist: Deine Kunden oder potenzielle Neukunden bekommen schnell eine Rückmeldung und wissen, wann sie wieder mit dir rechnen können. Dich entlastet dieser Service massiv – gerade wenn du mit einer schweren Krankheit zu kämpfen hast.
  3. Arbeite vom Krankenhaus oder Home Office aus. Das mag erst einmal hart klingen. Sofern du aber nur körperlich eingeschränkt bist – etwa ein gebrochenes Bein hast – und deine Arbeit ausschließlich am PC erledigst, kannst du das auch im Krankheitsfall weiter tun. Und das nicht nur von daheim aus. Einige Krankenhäuser verfügen über WLAN. Rechnungen und E-Mails schreiben, Buchhaltung erledigen, Neukunden generieren – all das ist möglich.

Auch wenn du diese Tipps beherzigst, wirst du wahrscheinlich im Falle einer längeren Krankheit ein paar Kunden verlieren. Damit musst du rechnen. Aber es ist kein Weltuntergang. Über berufliche Netzwerke wie Xing , LinkedIn oder Jobplattformen wie Twago findet man recht schnell neue Projekte. Oder du hörst dich in deinem Netzwerk um, wer von deinen Freiberufler-Kollegen gerade Unterstützung bei einem Projekt benötigt.

Denke an dich: Vernünftig kalkulierter Stundensatz

Unabhängig des Umgangs mit deinen Kunden, musst du natürlich auch an dich denken. Deshalb ist es unerlässlich, dass du deine Stundensätze so kalkulierst , dass du im Krankheitsfall Rücklagen hast.

Wer festangestellt ist, bekommt im Krankheitsfall weiterhin Gehalt – bis die Krankenkasse, die Erwerbsminderungsrente oder die BU einspringen. Als Selbstständiger musst du die ersten Wochen deiner Krankheit aber aus eigener finanzieller Kraft stemmen. Deshalb: Vergiss nicht, einen Stundensatz anzusetzen, durch den du genug Rücklagen für den Fall einer Krankheit hast. Oder auch Zeit und Geld für Urlaub. Denn auch in der Urlaubszeit bekommen Festangestellte weiterhin ihr Gehalt. Selbstständige verdienen dagegen nichts: Es sei denn, sie setzen sich mit Laptop an den Pool.

Fazit: Sicher dich frühzeitig für den Krankheitsfall ab

Krank wird jeder mal. Ob für wenige Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre. Deshalb solltest du dich gerade als Freiberufler oder Selbstständiger frühzeitig absichern. Eine Krankentagegeldversicherung ist meines Erachtens ein absolutes Muss, damit man gerade die ersten Monate gut über die Runden kommt. Auch der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist nicht verkehrt.

Und nicht vergessen: Ein fairer Stundensatz ist Grundvoraussetzung für finanzielle Sicherheit im Krankheitsfall. Kalkuliere nicht nur deine Lebenshaltungskosten, sondern auch mögliche Krankheitsausfälle und Urlaubszeiten in dein Honorar ein. Dann bist du auf der sicheren Seite.

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