Die Arten der Versteuerung: Soll- und Ist-Versteuerung
Das deutsche Umsatzsteuerrecht unterscheidet zwei Arten der Versteuerung für Unternehmer: Die Soll-Versteuerung und die Ist-Versteuerung.
Der Unterschied ist ganz einfach: Soll-Versteuerung bedeutet, dass die Umsatzsteuer in dem Zeitpunkt fällig wird, in dem die Rechnungsstellung gegenüber den Kunden erfolgt. Ob und wann der Kunde tatsächlich zahlt, spielt keine Rolle.
Beispiel gefällig? Bitteschön: Der Kunde beauftragt Dein Unternehmen im Mai. Nachdem Du die Leistung erbracht hast, schreibst Du dem Kunden am 30. Juni eine Rechnung. Die in Deiner Rechnung enthaltene Umsatzsteuer muss in der Umsatzsteuervoranmeldung für Juni (bzw. für das 2. Quartal) ausgewiesen werden. Ob der Kunde Deine Rechnung bereits am gleichen Tag oder erst im Juli, August oder September bezahlt, ist unerheblich.
Bei der Ist-Versteuerung wird die Umsatzsteuer erst dann fällig, wenn der Kunde tatsächlich gezahlt hat. Noch einmal zu unserem Beispiel: Du schreibst für die von Dir erbrachte Leistung am 30. Juni eine Rechnung. Der Kunde zahlt am 16. Juli. Bei der Ist-Versteuerung ist die Umsatzsteuer in der Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Juli auszuweisen und muss für den Monat Juli abgeführt werden (bei quartalsweiser Veranlagung ist die Steuer im 3. Quartal auszuweisen und abzuführen).
Soll-Versteuerer versteuern ihre Umsätze also mit dem Zeitpunkt der Rechnungsstellung, Ist-Versteuerer versteuern ihre Umsätze mit dem Zahlungseingang.
Und was ist, wenn eine Rechnung nur teilweise beglichen wird, z. B. in Raten? Es gilt genau das Gleiche: Bei der Soll-Versteuerung ist die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer sofort mit Rechnungsstellung fällig. Bei der Ist-Versteuerung ist jeweils nur der Umsatzsteuerbetrag fällig, der in der gezahlten Rate enthalten ist.
Der Vorteil der Ist-Versteuerung gegenüber der Soll-Versteuerung liegt auf der Hand, gerade bei Existenzgründern:
Da die Umsatzsteuer bei der Ist-Versteuerung erst dann an das Finanzamt abgeführt wird, wenn der Kunde tatsächlich zahlt, musst Du nicht Geld an das Finanzamt zahlen, dass Du noch gar nicht hast. Insbesondere bei größeren Rechnungsbeträgen vermeidest Du dadurch, selbst in Zahlungsengpässe zu geraten.
Eigentlich müssen alle Unternehmen ihre Umsätze nach der Soll-Versteuerung versteuern, § 16 UStG. (Eine Ausnahme bilden die Kleinunternehmen, wenn sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, denn sie bezahlen keine Umsatzsteuer und geben deshalb auch keine Umsatzsteuervoranmeldung oder Umsatzsteuererklärung ab.)
Allerdings kannst Du als Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen zur Ist-Versteuerung wechseln. Falls Du das möchtest, genügt ein formloser Antrag beim zuständigen Finanzamt, der eine kurze Begründung enthalten sollte. Sobald Dir die schriftliche Zustimmung vorliegt, gilt sie bis zu ihrem Widerruf als genehmigt.
Aber egal, ob Dein Unternehmen Soll- oder Ist-Versteuerer ist – wichtig ist, dass Du eine Umsatzsteuervoranmeldung abgibst, denn hierzu bist Du bei jedem der beiden Steuerprinzipien verpflichtet.