Einnahmenüberschussrechnung - Die einfache Gewinnermittlung für Selbständige
Zuletzt aktualisiert am 28. Feb. 2022
Melchior Neumann
Kontist Steuerberatung
22. März 2019
Dass du als Selbstständiger dein Einkommen versteuern musst und dass du dafür zunächst einmal dein Einkommen berechnen musst, ist kein großes Geheimnis.
Dafür gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Neben der Bilanzierung, die insbesondere für große Unternehmen und Kapitalgesellschaften relevant ist, gibt es die Einnahmenüberschussrechnung, mit der wohl die meisten Selbstständigen ihren Gewinn ermitteln.
Ganz einfach gesagt, ist der Gewinn deines Unternehmens der Überschuss deiner Einnahmen über die Ausgaben (deshalb auch Einnahmenüberschussrechnung).
Die Berechnung des Gewinns ist nichts anderes als die Buchhaltung, die du regelmäßig erstellst. Du buchst alle deiner Einnahmen und Ausgaben ein und am Ende erhältst du als Auswertung eine Übersicht über alle deine Einnahmen und Ausgaben und dem Ergebnis (= Gewinn).
Hinweis: Neben der Bezeichnung Einnahmenüberschussrechnung wird dir auch immer wieder die Abkürzung EÜR über den Weg laufen. Gelegentlich wird sie auch 4-3-Rechnung genannt. Das liegt daran, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Einnahmenüberschussrechnung in § 4 Abs. 3 EStG (Einkommensteuergesetz) zu finden sind.
Betriebseinnahmen
Betriebseinnahmen sind alle Beträge, die du für deine Arbeit erhältst.
Doch auch - was viele Selbständige vergessen - andere Leistungen oder Naturalien zählen zu deinen Einnahmen. Wenn du als Gegenleistung für deine IT Beratung von einem Kunden einen gebrauchten Firmenwagen erhältst, gehört dieser Firmenwagen ebenfalls zu den Einnahmen, die du in deiner Buchhaltung berücksichtigen musst.
Betriebsausgaben
Während die Einnahmen noch recht einfach zu bestimmen sind, beginnt bei den Ausgaben die wahre Kreativität vieler Selbstständiger. Während meiner Tätigkeit in der Steuerberatung habe ich sehr viele lustige Posten in den Buchhaltungen gefunden, die angeblich Betriebsausgaben sein sollten. Das ging von Kindermalbüchern bei einem Architekturbüro bis zu Thermounterwäsche für Frauen bei einem (männlichen) Immobilienmakler.
Grundsätzlich kannst du alle Kosten in deiner Buchhaltung berücksichtigen, die eindeutig betrieblich veranlasst sind. Das heißt, die Kosten sollten im Zusammenhang mit deiner aktuellen Arbeit, mit der Akquise neuer Kunden oder der Erweiterung des Geschäftsfeldes entstanden sein.
Es ist schön, wenn du einen kreativen Geist hast, allerdings ist bei der Buchhaltung die Kreativität des Finanzamts maßgebend und die ist in der Regel nicht besonders groß.
Mach dein Ding, nicht deine Steuern
Was ist eine EÜR (Einnahmenüberschussrechnung)?
Die Einnahmenüberschussrechnung (oder kurz EÜR) ist eine recht simple Berechnungsmethode des Gewinns von kleineren Unternehmen. Sie richtet sich - anders als die Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz - ausschließlich nach den Vorgaben des Finanzamts.
Es gibt bei der Einkommensteuererklärung eine Einnahmenüberschussrechnung Anlage (Anlage EÜR), die das genaue Schema dieser Berechnung vorgibt. Das Handelsgesetzbuch oder andere rechtliche Vorschriften spielen eine nur sehr untergeordnete Rolle.
Jedes Unternehmen, das nicht im Handelsregister eingetragen ist, kann sich grundsätzlich entscheiden, ob es eine Bilanz oder eine Einnahmenüberschussrechnung erstellt. Das gilt zumindest solange du einen Jahresumsatz von unter 600.000 Euro und einen Gewinn von unter 60.000 Euro hast (in zwei aufeinanderfolgenden Jahren). Oberhalb dieser Grenzen bist du zur Aufstellung einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung verpflichtet.
Hinweis: Diese Grenzen gelten nicht für Freiberufler. Angehörige der freien Berufe dürfen immer eine Einnahmenüberschussrechnung erstellen - unabhängig von ihrem Umsatz oder Gewinn.
Unterschiede zwischen EÜR und Bilanz
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass sich das Ergebnis (also der Gewinn) der beiden Gewinnermittlungsmethoden nicht grundsätzlich voneinander unterscheidet. Wenn du die gesamte Lebensdauer des Unternehmens betrachtest, hast du immer den gleichen Gewinn (oder Verlust) - unabhängig von der Berechnungsmethode.
Allerdings gibt es Unterschiede, in welchem Jahr der Gewinn gebucht werden muss. Die Bilanz schaut immer darauf, wann ein bestimmter Umsatz erwirtschaftet wurde oder wann Kosten wirtschaftlich entstanden sind. Die Einnahmenüberschussrechnung konzentriert sich fast ausschließlich auf die Bankbewegungen (oder Kassenbewegungen). Wenn Geld eingegangen ist, muss es als Einnahme gebucht werden und wenn Rechnungen bezahlt wurden, darfst du sie als Ausgabe erfassen.
Beispiel
Ein Architekt zahlt für seine Planungssoftware Lizenzgebühren von 200 Euro pro Monat, die immer im Juli für ein ganzes Jahr im Voraus fällig werden. Im Juli 2017 überweist er also 2400 Euro an den Softwarehersteller.
Die Bilanzierung schaut darauf, wann der Aufwand tatsächlich entstanden ist (also jeden Monat zu 1/12). Sollte der Architekt bilanzieren, muss er den Betrag aufteilen und darf im Jahr 2017 nur 1200 Euro ansetzen und im Jahr 2018 noch einmal 1200 Euro.
Wenn er seinen Gewinn mit der Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, ist der Zahlungszeitpunkt entscheidend und er kann die 2400 Euro bereits im Juli 2017 vollständig als Ausgabe buchen.
Der Grund dafür sind die unterschiedlichen rechtlichen Vorschriften. Während sich die Einnahmenüberschussrechnung ausschließlich an dem Einkommensteuergesetz (EStG) orientiert, findet man die Vorschriften für die Bilanz in erster Linie im Handelsgesetzbuch.
Wenn du eine Bilanz erstellst, berechnest du deinen Gewinn zunächst einmal nach handelsrechtlichen Vorschriften, um anschließend deinen ganzen Jahresabschluss (also die Bilanz und die GuV – Gewinn- und Verlustrechnung) noch einmal “in die Hand” zu nehmen und ihn für das Finanzamt aufzubereiten. Das geschieht durch eine separate Steuerbilanz oder eine steuerliche Überleitungsrechnung.
Wenn du die Wahl hast, solltest du dich immer für die Einnahmenüberschussrechnung entscheiden, da sie in der Regel mit deutlich weniger Aufwand verbunden ist.
Wer darf seinen Gewinn mit der Einnahmenüberschussrechnung ermitteln?
- Gewerbetreibende mit einem Umsatz unter 600.000 Euro und einem Gewinn unter 60.000 Euro (in zwei aufeinanderfolgenden Jahren)
- Freiberufler, unabhängig von ihrem Umsatz oder ihrem Gewinn
Wer muss eine Bilanz erstellen?
- Gewerbetreibende, die über den Umsatz- und Gewinngrenzen liegen
- Kapitalgesellschaften
- Personengesellschaften, die im Handelsregister eingetragen sind
Das Grundprinzip der Einnahmenüberschussrechnung - Zufluss-Abfluss-Prinzip
Anhand des oben genannten Beispiels wird das Grundprinzip der Einnahmenüberschussrechnung schon sehr deutlich.
Da bei der Einnahmenüberschussrechnung nur auf die Zahlungszeitpunkt geschaut wird, spricht man vom Zufluss-Abfluss-Prinzip. Für deine Buchhaltung bedeutet das vor allem, dass du deine Kontoauszüge als roten Faden nehmen kannst und deine Belege konsequent in der Reihenfolge ihrer Bezahlung sortieren solltest.
Doch was wäre eine Buchhaltungsvorschrift ohne Ausnahme?
Natürlich gibt es auch von dem Zufluss-Abfluss-Prinzip zwei wesentliche Ausnahmen:
Ausnahme 1: Anlagevermögen
Größere Anschaffungen für dein Unternehmen können nicht sofort als Ausgaben berücksichtigt werden. Sie müssen als Betriebsvermögen separat in einer Anlage zur Anlage EÜR aufgelistet werden (Anlage AVEÜR). Diese größeren Anschaffungen sind Wirtschaftsgüter über 150 Euro, die dafür bestimmt sind, langfristig betrieblich genutzt zu werden. Typisches Anlagevermögen sind beispielsweise Laptops, Büroeinrichtung, Firmenwagen oder technische Geräte/Maschinen.
Die Anschaffungskosten solcher Wirtschaftsgüter müssen auf mehrere Jahre aufgeteilt werden. Diese Aufteilung der Ausgaben wird Abschreibung genannt. Über welchen Zeitraum du die Ausgaben verteilen musst, erfährst du auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums, die regelmäßig sogenannte AfA-Tabellen herausgibt (AfA = Absetzung für Abnutzung = Abschreibung).
Download: AfA-Tabellen
Eine Sonderregelung sind dabei geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG), die aufgrund ihres geringen Preises anders behandelt werden:
- Anschaffungen bis 150 Euro können sofort als Ausgabe gebucht werden.
- Für Anschaffungskosten von 150 bis 1000 Euro (netto) wird ein Pool gebildet, der über fünf Jahre verteilt abgeschrieben wird.
- Bei Anschaffungskosten über 1000 Euro gelten die genannten Abschreibungstabellen des BMF.
Ausnahme 2: 10-Tage-Regel
Eine weitere Ausnahme gibt es für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben, die kurz vor oder nach dem Jahreswechsel gezahlt werden (maximal 10 Tage).
Solche Zahlungen müssen in dem Jahr erfasst werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören.
Wenn du die Miete für dein Büro beispielsweise immer am 28. des Vormonats bezahlst, bezahlst du die Miete für Januar 2017 bereits am 28. Dezember 2016. Dieser Geldausgang liegt also drei Tage vor dem Jahr, zu dem die Ausgabe eigentlich gehört. In diesem Fall darfst du die Ausgabe erst im Januar 2017 buchen. Hättest du die Miete bereits am 15. Dezember bezahlt, wäre der Zahlungszeitpunkt außerhalb der 10-Tage-Regel und du hättest die Zahlung bereits im Dezember erfassen dürfen.

Einnahmenüberschussrechnung mit Excel
Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit müssen viele Gründer auf die Kosten schauen. Da die meisten Buchhaltungsprogramme Geld kosten, taucht immer wieder die Frage auf, ob es möglich ist die Einnahmenüberschussrechnung mit Excel zu machen.
Wenn du dir das Formular EÜR einmal genauer anschaust, wird dir auffallen, dass es recht übersichtlich ist und es nur wenige Kategorien gibt, in die die Einnahmen und Ausgaben eingeordnet werden müssen - Ganz anders als bei einem bilanzierenden Unternehmen, der in der doppelten Buchführung tausende Konten zur Verfügung hat.
Da müsste es doch recht einfach machbar sein, seine komplette Buchhaltung und Einnahmenüberschussrechnung mit Excel zu erledigen…
Grundsätzlich liegst du mit einem solchen Gedankengang gar nicht so falsch und du kannst deine Buchhaltung und deine Einnahmenüberschussrechnung mit Excel machen.
Allerdings schaut das Finanzamt in den letzten Jahren immer genauer hin und fordert grundsätzlich, dass Buchungen nicht mehr im Nachhinein geändert werden können bzw. dass man mögliche Änderungen nachvollziehen kann. Das ist bei Excel nicht möglich und deshalb sollte man eine Einnahmenüberschussrechnung mit Excel durchaus kritisch betrachten. Im Ernstfall erkennt das Finanzamt deine Buchhaltung in einer Betriebsprüfung nicht an und fordert von dir hohe Nachzahlungen für angebliche Gewinne.
Da die Vorschriften durch etliche Richtlinien und Vorgaben eher strenger als lockerer werden, kann ich dir nicht mit gutem Gewissen dazu raten deine Buchhaltung und Einnahmenüberschussrechnung mit Excel zu machen.
In den letzten Jahren gibt es immer mehr Onlineangebote und Onlinebuchhaltungsprogramme, die recht einfach zu bedienen sind und nicht so teuer sind wie die Buchhaltungsprogramme aus dem letzten Jahrtausend. Bei solchen Programmen bist du in meinen Augen deutlich besser aufgehoben als bei Excel.
- Übersicht über interessante Buchhaltungsprogramme: onlinebuchhaltung.net
- Einnahmenüberschussrechnung mit Excel (für die Waghalsigen): ms-buchhalter.de
Vorlage Einnahmenüberschussrechnung
Grundsätzlich benötigst du gar keine Vorlage für eine Einnahmenüberschussrechnung, da du sowieso die Anlage EÜR beim Finanzamt abgeben musst.
Zuerst solltest du dir also dieses Formular anschauen: Anlage EÜR
Dir wird auffallen, dass du im Vergleich zur doppelten Buchführung deutlich weniger Positionen hast und du alle deine Geldeingänge und Ausgänge in eine der folgenden Kategorien einteilen musst:
Betriebseinnahmen
- Betriebseinnahmen als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer
- Umsatzsteuerpflichtige Betriebseinnahmen
- Umsatzsteuerfreie, nicht umsatzsteuerbare Betriebseinnahmen
- Vereinnahmte Umsatzsteuer
- Vom Finanzamt erstattete und ggf. verrechnete Umsatzsteuer
- Veräußerung oder Entnahme von Anlagevermögen
- Private Kfz-Nutzung
- Sonstige Sach-, Nutzungs- und Leistungsentnahmen
Betriebsausgaben
- Waren, Rohstoffe und Hilfsstoffe einschl. der Nebenkosten
- Bezogene Fremdleistungen
- Ausgaben für eigenes Personal (z. B. Gehälter, Löhne und Versicherungsbeiträge)
- Abschreibungen
- Miete/Pacht für Geschäftsräume und betrieblich genutzte Grundstücke
- Aufwendungen für Telekommunikation (z. B. Telefon, Internet)
- Übernachtungs- und Reisenebenkosten bei Geschäftsreisen
- Fortbildungskosten
- Kosten für Rechts- und Steuerberatung, Buchführung
- Miete/Leasing
- Beiträge, Gebühren, Abgaben und Versicherungen
- Werbekosten (z. B. Inserate, Werbespots, Plakate)
- Schuldzinsen zur Finanzierung von Anschaffungs- und Herstellungskosten
- Gezahlte Vorsteuerbeträge
- An das Finanzamt gezahlte und ggf. verrechnete Umsatzsteuer
- Kosten im Zusammenhang mit dem Firmenwagen
- Eingeschränkte abziehbare Betriebsausgaben (Bewirtungskosten, Geschenke)
- Übrige Betriebsausgaben